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Grässliche Toiletten und defekter Fahrstuhl – Bei der Barrierefreiheit ist noch Luft nach oben

Barsinghäuser Grüne schauten bei ihrem inklusiven Stadtspaziergang ganz genau hin, was in Barsinghausen noch zu machen ist.

Barsinghausen. Ein Schock waren die öffentlichen Toiletten in Barsinghausen, als die Barsinghäuser Grünen mit Simone Meyer (Bundestagskandidatin) und Katrin Langensiepen (Europaabgeordnete) am Samstag bei einem inklusiven Stadtspaziergang unterwegs waren. Doch auch beim Rathaus, der Innenstadt und vor allem dem Fahrstuhl am Bahnhof, kann in Barsinghausen noch viel für Menschen mit Beeinträchtigungen getan werden. Sabine Freitag, Vorsitzende der Barsinghäuser Grünen und Spitzenkandidatin im Wahlbereich I zur Kommunalwahl, begrüßte Teilnehmer und Gäste zum Spaziergang. .

„Der Baubereich hat nicht nur Einfluss auf die Umwelt und das Klima. Er prägt auch maßgeblich die Barrierefreiheit in unserem Land. Häufig wird Barrierefreiheit mit einer rollstuhlgerechten Welt gleichgesetzt. Barrierefreiheit ist aber viel umfassender. Sie hilft den Menschen mit Beeinträchtigungen gleich welcher Art uneingeschränkt am Leben teilzuhaben. Barrierefreiheit erleichtert auch das der Leben der Pflegenden. Barrierefreiheit wird in großem Maße durch Baumaßnahmen erreicht und beeinflusst“, erklärte Simone Meyer. „Es hat auch mit Würde zu tun“, fügte Langensiepen hinzu, „Wer möchte schon immer nach Hilfe fragen. Barrierefreiheit ist ein Menschenrecht."

Am Barsinghäuser Bahnhof wurde der Fahrstuhl begutachtet. Dieser ist, wieder einmal, defekt. Dies wurde nicht nur von den Grünen, sondern auch von den Behindertenbeauftragten der Stadt Nicole Letsch und Claudia Pannki sowie Mitgliedern des Seniorenrates kritisiert, die am Spaziergang teilnahmen. Aufgrund des defekten Fahrstuhls seien große Umwege zum Bahngleis, oder in die Nordstadt nötig. „Die Bahn sieht Menschen mit Beeinträchtigungen oft als Last, nicht als Kunden“, bedauerte Europaabgeordnete Langensiepen. Sind die wenigen Rollstühle oder Umsteigehilfen ausgebucht, könnten Menschen mit Beeinträchtigungen schlicht nicht an diesen Tagen mit der Bahn reisen. Seien die Behinderten-WCs im Zug defekt, dürfte die Bahn die Menschen nicht mitnehmen. „Da sieht die Bahn leider nur die Verspätungen durch Menschen mit Beeinträchtigungen“, so Langensiepen. Auch das Leitsystem für Sehbehinderte, könnte noch verbessert werden. Aus dem Seniorenrat wurde die Neigung des Zugangs zum Bahnhof für Rollstuhlfahrer kritisch gesehen. Mit Blindenstöcken und Brillen, die Sehschwächen simulierten, konnten die Teilnehmer „Stolperfallen“ selbst erfahren.

Weiter ging der Spaziergang in der Innenstadt. Auch hier fehlte ein durchgehendes Leitsystem für Sehbehinderte, außerdem wurde kritisiert, dass viele Geschäfte nicht barrierefrei seien und somit Menschen mit Beeinträchtigungen ausschließen würden. „Die Privatwirtschaft wehrt sich oft“, sagte Langensiepen, „Eine beliebte Ausrede ist immer, dass das Gebäude unter Denkmalschutz stände. Außerdem könnten Mitarbeiter ja helfen. Aber wer möchte schon von der Straße aus in das Geschäft rufen, um Hilfe zu holen? Das hat mit Würde zu tun.“

Gut bestellt um die Menschenwürde ist es auch beim Thema öffentliches und barrierefreies WC nicht. Viele der Teilnehmer waren überrascht, dass sich ein öffentliches WC am Parkhaus an der Rehrbrinkstraße befindet. Hier war eine Tür verschlossen, dass zugängliche WC wollte lieber keiner der Spaziergang-Teilnehmer betreten. „WC-Schlüssel können in der Regel im Bürgerbüro abgeholt werden. Menschen mit Beeinträchtigungen haben aber oft einen speziellen Schlüssel für Behindertentoiletten dabei, der hoffentlich auch hier passt“, so Langensiepen. Es sei aber generell die Frage, wer ist dann für die Reinigung zuständig und sind die Toiletten überhaupt bekannt, oder für Touristen ausgeschildert.

Der Durchgang am „Im Stillen Winkel“ wurde ebenfalls kritisiert. Hier wurden einfach Poller aufgestellt, ohne dass Rollstuhlfahrer noch passieren könnten. Am Rathaus I stellten die Europaabgeordnete und die Bundestagskandidatin fest, dass ein Türöffner und auch ein Blindenleitsystem fehle. Außerdem seien die Bordsteine nicht ebenerdig, um barrierefrei zur Auffahrt zum Rathaus zu gelangen. Der Zugang wurde als sehr steil empfunden, wäre aber wahrscheinlich gerade noch im rechtlichen Rahmen.

„In Barsinghausen ist noch Luft nach oben, was Barrierefreiheit und Inklusion angeht“, resümierten Katrin Langensiepen und Simone Meyer am Ende des Spaziergangs. Es bedarf laut der Grünen Gesetze, damit Barrierefreiheit in allen Formen nicht nur mitgedacht, sondern gleich auch mitgebaut werde. Die Schulneubauten in Barsinghausen seien hier ein großes Thema. Die Behindertenbeauftragten, seit Mai 2021 im Amt, wurden zu den Bauplänen noch nicht befragt. „Baulich ist aber schon vieles möglich, damit Menschen mit Beeinträchtigungen am normalen Leben sicher und würdevoll teilnehmen können“, so Simone Meyer.