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Novellierung der niedersächsischen Bauordnung bringt Vorteile, birgt aber auch Risiken für die Barrierefreiheit

Symbolbild. Quelle:Pixabay.

Hannover. Annetraud Grote, die niedersächsische Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, ist mit der Novellierung der niedersächsischen Bauordnung (NBauO) nicht zufrieden. Am Montag wurde die Novellierung der NBauO im niedersächsischen Landtag verabschiedet. Sie sieht unter anderem vor, dass es sehr große Erleichterungen bei der Stellplatz- und Aufzugspflicht beim Neu- bzw. Umbau gibt. „Das ist für Menschen mit Behinderungen schwierig – diese sind häufiger auf Aufzüge und Autos angewiesen als Menschen ohne Behinderungen“, so Grote. .

 Das Ziel, mehr und schneller bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, teile sie. „Aber es muss auch genug bezahlbarer Wohnraum für Menschen mit Behinderungen geschaffen werden. Neben dem Thema Stellplätze und Aufzüge ist aus Sicht der Landesbeauftragten das größte Risiko für einen Rückschritt für die Barrierefreiheit der neuen NBauO der neu eingeführte § 75a Abs. 5 – dort ist geregelt, dass sogenannte Typengenehmigungen aus anderen Bundesländern künftig auch in Niedersachsen bedingungslos anerkannt werden. Das heißt, dass nicht mehr geprüft werden muss, ob sie den niedersächsischen Standards entsprechen, solange sie in einem anderen Bundesland den Vorgaben entsprechen. Wir in Niedersachsen sind Vorreiter im Bereich Barrierefreiheit in der Bauordnung, die anderen Bundesländer bleiben deutlich dahinter zurück. Ich fürchte, dass diese Änderung zwar zu mehr und schneller gebautem Wohnraum führen wird, da so auch serielles Bauen oder die Modulbauweise attraktiver wird, dieser neue Wohnraum wird aber auch seltener barrierefrei sein“, kritisiert Grote. „Ich habe mich während des gesamten Gesetzgebungsverfahren intensiv dafür eingesetzt, dass die Typengenehmigungen nur dann anerkannt werden, wenn sie unseren Vorgaben der Barrierefreiheit entsprechen – gemeinsam mit den Verbänden. Dazu bin ich zwar im zuständigen Ausschuss angehört worden, bin aber mit meinen Bedenken nicht durchgedrungen“, ergänzt Grote. Sie sehe die erst in der Plenarsitzung am Montag eingebrachten und gesetzlich verankerten Ãœberprüfung der Regelungen im Jahr 2028 allerdings einen kleinen Teilerfolg: „Ich bin zumindest erleichtert, dass die Risiken für die Barrierefreiheit auch von den Regierungsfraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen erkannt worden sind. Der von ihnen eingebrachte Änderungsantrag sieht eine gesetzlich verankerte Ãœberprüfung der von mir kritisierten Regelungen vor, für 2028“, so Grote. „Diesen Prozess werde ich gemeinsam mit den Verbänden der Menschen mit Behinderungen und dem zuständigen Ministerium eng begleiten und, wenn nötig, den Finger wieder in die Wunde legen. Bezahlbares Wohnen ist ein Menschenrecht, auch für Menschen mit Behinderungen“, kündigt Grote abschließend an.