Laatzen.
Achim Wenger ist regelmäßig in der Stadt unterwegs. Er erkundet Bahnsteige und U-Bahn-Stationen, fährt mit der Rolltreppe und überquert Straßen. Das was für die meisten Menschen normaler Alltag ist, bedeutet für den 76-Jährigen Laatzener Training. Wenger ist blind - und mobil. „Ich reise auch sehr gern. Ich brauche das für mein Wohlbefinden“, sagt Wenger, der vor zehn Jahren die Selbsthilfegruppe für Sehbehinderte und Blinde gründete. Dass die Sache mit der Mobilität für Sehbehinderte und Blinde schwierig ist, weiß Wenger. „Die Leute trauen sich nicht raus und Betroffene werden von ihren Angehörigen zu sehr behütet“, weiß Wenger aus Erfahrung. Der Schritt nach draußen könne aber das Selbstbewusstsein von Sehbehinderten und Blinden stärken. In der Stadt Laatzen vermisst Wenger einen Behindertenbeauftragten. „Wir brauchen einen Ansprechpartner, der unsere Interessen in der Verwaltung und in der Stadt vertritt“, sagt Wenger.
Von seiner genetisch bedingten Erkrankung weiß Wenger seit seinem 30. Lebensjahr. Die Erkenntnis habe er einfach weggeschoben. Probleme gab es keine, er sei gut durch das Berufsleben gekommen. Im Jahr 2004, Wenger war 63 Jahre alt, sei die Krankheit ausgebrochen. Seit dem ist er blind. Schnell hat Wenger erkannt, dass es für Sehbehinderte und Blinde in Laatzen keine ausreichenden Angebote gab. „Es ist ganz wichtig, dass sich Betroffene vor Ort austauschen und sich gegenseitig Tipps geben können“, betont Wenger. Als er auf einer Reise in Cornwall (Großbritannien) den Seniorenbeauftragten der Stadt Laatzen, Klaus-Dieter Meyer, kennenlernte, wurde es konkret mit dem Vorort-Angebot. Zusammen gründeten Wenger und Meyer im Jahr 2007 die „Selbsthilfegruppe für Sehbehinderte und Blinde“ in Laatzen. Rund 20 bis 25 Mitglieder kommen regelmäßig zu den Treffen. Mediziner halten Vorträge, Hersteller stellen ihre Hilfsmittel vor. Und Betroffene können sich über ihre praktischen Erfahrungen austauschen. Eine weitere Selbsthilfegruppe wurde in Hemmingen ins Leben gerufen.
Zur Geburtstagsfeier hat die Selbsthilfegruppe für Sehbehinderte und Blinde Laatzen heute in das Stadthaus Laatzen eingeladen. Im vollbesetzten Café Marie bedankte sich Achim Wenger bei den zahlreichen Förderern und Helfer für die langjährige Unterstützung. Den Text las seine Ehefrau vor, weil Wenger, wie er selbst sagt, die Blindenschrift nicht gut genug beherrscht. Zahlreiche Aussteller informierten die Gäste über geeignete Hilfsmittel. Ein Hilfsmittel ist zum Beispiel ein Blindenführhund. Der ist von der Krankenkasse als Mobilitätshilfe für Blinde und Sehbehinderte anerkannt. Rocco, ein Labrador-Pudel-Mischling, ist ein Blindenführhund. Er hilft Gerda Mittag, wenn sie auf der Straße unterwegs ist. Rocco zeigt Ampeln, Treppen und Bordsteigkanten an und sorgt dafür, dass Gerda Mittag mobil sein kann. Zuhause hingegen ist Rocco ein ganz normaler Hund.
Die Selbsthilfegruppe für Sehbehinderte und Blinde in Laatzen trifft sich jeden 3. Montag im Monat von 15 bis 17 Uhr im Bauerncafé, Kastanienweg 1A, Laatzen. Kontakt: Achim Wenger, Telefon 0511 82 63 09, achimwenger(at)web.de.