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Kriminalstatistik Hannover - Mehr Sexualdelikte, weniger Diebstähle

Region. Weiterhin deutlich weniger Wohnungseinbrüche, niedrigster Wert der Gesamtfallzahlen seit 20 Jahren, deutliche Rückgänge der Beförderungserschleichungen und Gelegenheitsdiebstähle sowie eine stabile Aufklärungsquote - das sind die positiven Entwicklungen der im vergangenen Jahr in der Polizeidirektion Hannover registrierten Straftaten. Dem gegenüber ist jedoch erneut ein Anstieg der Gewalt- und Sexualdelikte zu verzeichnen..

Die Anzahl der registrierten Straftaten im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Hannover ist von 2019 auf 2020 leicht gesunken. Die Fallzahlen verringerten sich um 2.452 auf nun 103.849 Taten (minus 2,31 Prozent). Dies ist der niedrigste Stand seit dem Jahr 1990.

In der Landeshauptstadt wurden im vergangenen Jahr 68.540 (2019: 69.613) und im Umland 35.309 (2019: 36.688) Ermittlungsvorgänge abschließend bearbeitet und an die zuständigen Staatsanwaltschaften übergeben. Somit ist im Stadtgebiet sowie in den Umlandgemeinden ein leichter Rückgang der registrierten Straftaten zu beobachten.

Im Zusammenhang mit der pandemischen Lage verzeichnete die Polizeidirektion Hannover mit dem ersten Lockdown im März 2020 teilweise einen signifikanten Fallzahlenrückgang. Obwohl im ersten Quartal 2020 deutlich mehr Straftaten als im gleichen Zeitraum des Vorjahres der PKS gemeldet worden sind, erreichte diese im weiteren Jahresverlauf nicht das Gesamtjahresniveau aus 2019. Es ist erkennbar, dass durch den Rückgang des öffentlichen Lebens aufgrund der erlassenen Beschränkungen sowie des veränderten Alltags und der Lebensgewohnheiten der Bevölkerung Tatgelegenheiten fehlten und die Pandemie damit direkt Einfluss auf die Kriminalitätslage genommen hat.

Aufklärungsquote

Der positive Trend der vergangenen fünf Jahre bei der Gesamtaufklärungsquote der Polizeidirektion Hannover wurde im Jahr 2020 stabilisiert und hält sich auf einem ähnlich hohen Niveau von 64,92 Prozent (minus 0,08 Prozentpunkte). Im Langzeitvergleich bedeutet dies den zweithöchsten Wert der vergangenen 20 Jahre.

Tötungsdelikte

Im Bereich der Kapitaldelikte (Mord und Totschlag) ist ein Anstieg um acht Taten auf nun 44 endabgegebene Fälle zu beobachten. 2020 flossen 33 versuchte Tötungsdelikte sowie elf vollendete Taten in die Kriminalstatistik ein. Im Vorjahr waren es 29 versuchte und sieben vollendete Tötungsdelikte, wobei es in 2019 auffallend niedrige Fallzahlen gab. Bei knapp jedem dritten Tötungsdelikt verwendeten die Täter eine Stichwaffe als Tatmittel.

Messerangriffe

Im Sinne der PKS-Erfassung umfasst der Begriff solche Tathandlungen, bei denen der Angriff mit einem Messer unmittelbar gegen eine Person angedroht oder ausgeführt wird. 2020 wurden 557 Delikte mit dem Merker "Messerangriff" registriert. Im Jahr 2019 wurden 463 Fälle gezählt, sodass sich hier eine Steigerung um 20,30 Prozent ergibt. Die Mehrzahl der Opfer (60,32 Prozent) blieb bei den Angriffen unverletzt, in diesen Fällen wurde ein Messer zur Bedrohung gegen Personen eingesetzt. Zu den 557 Ermittlungsvorgängen wurden 455 Tatverdächtige erfasst, wobei die deutliche Mehrheit (87,25 Prozent) von ihnen männlichen Geschlechts ist. In 31 Prozent der Fälle standen die Tatverdächtigen unter dem Einfluss berauschender Mittel.

Sexualstraftaten

Erneut verzeichnete die Polizeidirektion Hannover einen Anstieg bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von 6,84 Prozent auf nunmehr 1.203 Fälle. Dies entspricht im Mehrjahresvergleich der höchsten Anzahl an Ermittlungsvorgängen in diesem Deliktsfeld; im Vergleich zum Jahr 2016 haben sich die Zahlen mehr als verdoppelt. Einfluss darauf haben auch die international bekannt gewordene Kampagne #metoo und nationale Gesetzesänderungen genommen.

Kinderpornografie

Verantwortlich für den Anstieg der Sexualstraftaten ist unter anderem der Anstieg von Fällen im Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern von 136 auf 175 (plus 28,68 Prozent) sowie das häufigere Verbreiten pornografischer Schriften (plus 44 Fälle). Ursächlich für die hohen Fallzahlen sind insbesondere bundesweit geführte Verfahrenskomplexe sowie Aktivitäten des Bundeskriminalamtes, durch die entsprechende Taten aufgedeckt wurden. Der anhaltende weltweite Trend zum Teilen von Nacktbildern durch/von Kindern und Jugendlichen via Social Media spielt eine weitere Rolle bei beiden Deliktsgruppen.

Hannovers Polizeipräsident, Volker Kluwe, betrachtet den anhaltenden Anstieg bei den Fallzahlen der Sexualdelikte einerseits mit Sorge, andererseits sei dieser aber auch ein Resultat der intensiven Ermittlungsarbeit der Polizeidirektion Hannover, des Landes- und Bundeskriminalamtes sowie internationaler Stellen, welche die Taten aus dem Dunkelfeld ins Hellfeld führen. Nach dem besonders hohen Anstieg der Verbreitung pornografischer Schriften im Jahr 2019 sei nun erneut ein Anstieg erkennbar, der mit der zunehmenden Nutzung digitaler Medien und der Verbreitung in den Messenger-Diensten begründet sein könnte.

Entgegen dem Rückgang der einfachen Körperverletzungen ist eine leichte Steigerung bei den gefährlichen Körperverletzungen ersichtlich (plus 2,21 Prozent). Hingegen wurden im Jahr 2020 mit einem Zuwachs von 192 Fällen (plus 27,79 Prozent) deutlich mehr Raubstraftaten erfasst. Sie lassen sich größtenteils speziell aus dem Straßenraub herleiten, dessen Fallzahl sich in 2020 um 134 erhöht hat (plus 54,92 Prozent). Eine Analyse der Raubdelikte macht deutlich, dass die meisten dem Ortsteil Mitte im Zuständigkeitsbereich des Polizeikommissariats Hannover-Mitte zuzuordnen sind. Hier ist der behördenweite Brennpunkt zu finden, was der Struktur des Stadtteils mit seinen Einkaufsmöglichkeiten, dem Vergnügungsviertel, dem Hauptbahnhof und der damit verbundenen hohen Frequentierung geschuldet sein dürfte.

Diebstahlsdelikte

Positive Entwicklungen sind bei den einfachen und schweren Diebstählen (minus 3,83 Prozent) und dabei im Besonderen bei den Einbrüchen in gewerbliche Objekte (minus 19,02 Prozent), dem Ladendiebstahl (minus 6,49 Prozent) sowie dem Wohnungseinbruchdiebstahl (minus 24,74 Prozent)festzustellen. Diese Entwicklungen sind ebenfalls direkt mit den veränderten Lebensbedingungen im öffentlichen und privaten Bereich aufgrund der Pandemie in Verbindung zu bringen. Gegenüber dem Vorjahr und dem seinerzeit niedrigsten Wert der Wohnungseinbrüche seit 1988 liegt ein erneuter und deutlicher Rückgang um 445 Fälle auf nunmehr 1.354 Fälle vor. Mit Blick auf das Jahr 2016 haben sich die Fallzahlen inzwischen mehr als halbiert. Besonders erfreulich ist, dass weiterhin ein steigender Anteil der Taten nicht vollendet werden konnte. In etwa jedem zweiten Fall blieb es beim Versuch. Hier entfalten die Anstrengungen der Präventionsarbeit und der verbesserten technischen Sicherung von Wohnobjekten ihre Wirkung. Eine vermehrte pandemiebedingte Präsenz von Menschen im eigenen Wohnraum durch Homeoffice und Kurzarbeit, aber auch die erschwerten Reisebedingungen für überörtlich agierende Tätergruppierungen spielen bei dem Rückgang der Fallzahlen eine erhebliche Rolle.

Weiterhin sinkend sind auch die Fallzahlen im Bereich der Kfz-Kriminalität. Der schwere Diebstahl an bzw. aus Kraftfahrzeugen sank um 110 Fälle (minus 5,14 Prozent). Es wurden 97 weniger Pkw entwendet (minus 18,73 Prozent).

Ein deutlicher Anstieg ist hingegen bei den Fällen des schweren Diebstahls aus Boden- und Kellerräumen festzustellen (plus 61,52 Prozent). Diese Fälle fanden vorwiegend im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Hannover statt.

Betrug

Im Bereich der Vermögens- und Fälschungsdelikte sind deutliche Rückgänge der Fallzahlen ersichtlich (minus 4,91 Prozent). Diese rühren vornehmlich aus den Tatbeständen des Erschleichens von Leistungen (u.a. das sogenannte "Schwarzfahren") her, welche aufgrund der pandemischen Lage zurückgingen (minus 11,59 Prozent).

Deutliche Zuwächse sind bei dem Betrug mit entwendeten Zahlungsmitteln ersichtlich (plus 21,68 Prozent). Der Großteil dieser Taten fand im hannoverschen Zentrum statt, Steigerungen sind jedoch in allen Bereichen der Region Hannover erkennbar. Neu entwickelte sich das Phänomen der unberechtigten Beantragung von Corona-Soforthilfen, was sich an der deutlich erhöhten Zahl der Subventionsbetrüge (301 Fälle) offenbart.

Tatort Internet - Cybercrime

Die Ermittlungsvorgänge, bei deren Ausführung das Internet zur Anwendung kam, sind um 15,86 Prozent gestiegen, im Zehnjahresvergleich liegt dieser Wert jedoch auf einem durchschnittlichen Niveau. Den größten Anteil in diesem Phänomen stellen mit 2.569 Fällen und einem Zuwachs von plus 10,59 Prozent die Delikte des Waren- und Warenkreditbetrugs dar. Aber auch bei den Taten des Subventionsbetrugs im Zusammenhang mit den Corona-Soforthilfen kam das Tatmittel Internet zum Einsatz.

Rauschgiftkriminalität

Die Mehrzahl dieser Straftaten wird erst durch die Kontrolltätigkeiten der Polizei bekannt. Sie blieb in 2020 knapp auf dem hohen Vorjahresniveau (minus 0,57 Prozent), trotz der pandemiebedingten Beschränkungen sowie der dadurch veränderten Priorisierung bei den polizeilichen Einsatzmaßnahmen. Bei den Rauschgiftdelikten ist der fortwährende zunehmende Trend von Fällen mit der Droge Kokain prägnant: plus 25,39 Prozent auf aktuell 1.432 Fälle.

Häusliche Gewalt

Aufgrund der pandemischen Ausnahmesituation wurde ein Anstieg von Fällen der häuslichen Gewalt befürchtet. Der Trend ansteigender Fallzahlen in diesem Deliktsbereich ist niedersachsenweit festzustellen. Im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Hannover sind in diesem Jahr 4.408 Fälle mit "Häuslicher Gewalt" in die PKS eingeflossen. Dazu gehören überwiegend Körperverletzungen und nur vereinzelt Tötungs- oder Sexualdelikte. Die Fallzahlen sind zwar im Vergleich zu 2019 um neun Fälle gesunken, sie bleiben jedoch auf einem gleichbleibend hohen Niveau. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass häusliche Gewalt oft im sogenannten Dunkelfeld stattfindet. Die Polizeidirektion Hannover hat in 2020 unter der landesweiten Anti-Gewalt-Kampagne #schlussdamit auch speziell die häusliche Gewalt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.

Straftaten unter dem Einfluss von Alkohol Der Anteil der Straftaten unter Alkoholeinfluss zeigt eine leicht sinkende Tendenz. Mit einem Anteil von 7,15% liegt der geringste Wert der letzten 5 Jahre vor. Das könnte zum einen mit den Einschränkungen des öffentlichen Lebens (Diskotheken, Großveranstaltungen wie Maschsee-, Schützenfest, Fußballspiele etc.) in Verbindung stehen. Bei derartigen Veranstaltungen kommt es häufig mit steigendem Alkoholkonsum zu einer gesteigerten Aggressivität und zum Auftreten von Konflikten. Zum anderen wird seit mehreren Jahren ein leicht rückläufiger Trend beim Konsum alkoholischer Getränke beobachtet.

Gewalt gegen Mitarbeitende von Polizei und Rettungsdiensten

Erneut wurden im Jahr 2020 mehr Angriffe gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte registriert (plus 7,65 Prozent). Dieser Trend ist auch landesweit feststellbar. In nunmehr 788 Ermittlungsvorgängen ist mindestens eine Beamtin oder ein Beamter Opfer einer Straftat geworden. Bei über 90 Prozent dieser Taten handelt es sich um Widerstände gegen Vollstreckungsbeamte und tätliche Angriffe auf solche. Die Fälle der Körperverletzungsdelikte zum Nachteil von Polizeibeamten sanken hingegen von 53 Fällen im Jahr 2019 auf nun 24.

Gerade im aktuellen Berichtsjahr stehen die Einsatzkräfte der Polizei im Kontext der Pandemie unter besonderer Beobachtung in der Öffentlichkeit. Vor allem aufgrund der verstärkten Kontrollmaßnahmen der Polizei in Bezug auf die jeweils gültigen Corona-Verordnungen sowie der teilweise schwindenden Akzeptanz dieser Regeln in der Bevölkerung ist von einem gesteigerten Konfliktpotenzial auszugehen. Entgegen der Entwicklungen der Gewalttaten gegen die Polizei nahm die Zahl der Fälle gegen Rettungskräfte um 21 Taten ab.

Dadurch bewegte sich die Gesamtzahl von 41 Fällen auf einem deutlich niedrigeren Niveau als jene des Jahres 2019.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2020 finden Sie auch auf unserer Homepage unter https://www.pd-h.polizei-nds.de/kriminalitaet/