Anzeige

Studie zeigt Pfad zur Klimaneutralität für die Region - Emissionen können bis 2035 um zwei Drittel gesenkt werden

Regionspräsident Steffen Krach (l.) und Klimadezernent Jens Palandt stellen die Studienergebnisse vor: Die Renaturierung von Mooren und der Ausbau der erneuerbaren Energien sind zwei zentrale Bausteine für die Klimaneutralität. Foto: Philipp Schröder.

Region. Die Region Hannover will bis 2035 klimaneutral werden. Dieses Ziel hat sich die Regionsversammlung im Oktober 2021 gesetzt. Um Politik und Gesellschaft eine Grundlage für zukünftige Entscheidungen über Klimaschutzmaßnahmen zu geben, hat die Regionsverwaltung ein Fachbüro mit der Durchführung einer Studie beauftragt. Das „Hamburg Institut“ hat in den vergangenen zwölf Monaten untersucht, wie schnell und unter welchen Umständen Klimaneutralität tatsächlich erreicht werden kann. Jetzt liegen die Ergebnisse vor..

Das ist der Studienaufbau:

Um die Einflussmöglichkeiten der Region und ihrer 21 Städte und Gemeinden zu ermitteln, stellt die Studie bis 2035 die Entwicklungen der Endenergiebedarfe und Treibhausgas-Emissionen für zwei Szenarien dar: Das konservative „Trend-Szenario“ schreibt die aktuelle bundesweite Entwicklung ohne zusätzliche Anstrengungen der Region Hannover fort. Das ambitionierte „Klimaplan-Szenario“ geht von der Annahme aus, dass die Region Hannover und ihre Kommunen ihren realistischen Handlungsspielraum voll ausschöpfen.

Für eine vollständige Datenbasis werden in den Berechnungen für beide Szenarien ab dem Startjahr 2020 erstmals auch nicht-energetische Emissionen detailliert berücksichtigt. Diese umfassen den Treibhausgas-Ausstoß von Landwirtschaft, Landnutzung, Abfall, Abwasser und industriellen Prozessen. Da diese Emissionen nicht im gleichen Maße wie zum Beispiel der Treibhausgas-Ausstoß aus dem Verkehrssektor oder aus der Stromerzeugung reduziert werden können, nimmt ihre Bedeutung in den kommenden Jahren massiv zu: Während der Anteil der nicht-energetischen Emissionen im Jahr 2020 mit 13 Prozent vergleichsweise gering war, werden sie 2035 bis zu 27 Prozent der Restemissionen stellen.

Das sind die Ergebnisse:

Einen wichtigen Hebel bei der Vermeidung von Treibhausgasen hat die Region Hannover durch die regionale Selbstversorgung mit Strom. Von 2020 bis 2035 wird der Strombedarf durch die Elektrifizierung von Verkehrssektor und Industrie schätzungsweise um mehr als ein Viertel steigen. Gleichzeitig hat die Region noch enormes Potenzial beim Ausbau von Windenergie und Photovoltaik. Wenn das schnell ausgeschöpft wird, kann die Region ihren Strombedarf bilanziell bereits ab 2031 vollständig decken. Den größten Anteil am regionalen Strommix macht die Windkraft mit rund 58 Prozent aus, gefolgt von der Solarenergie mit rund 40 Prozent.

Die Studie zeigt auch: Die Anstrengungen der Region macht einen klaren Unterschied. Während im Klimaplan-Szenario von 2020 bis 2035 eine Reduktion der Treibhausgas-Emissionen von 62 Prozent und eine Reduktion der Endenergiebedarfe um 35 Prozent erwartet wird, liegen die Werte im Trend-Szenario mit 50 beziehungsweise 22 Prozent deutlich geringer. Im Vergleich zu 1990 ist bis 2035 im Klimaplan-Szenario eine Minderung der energetischen Emissionen von bis zu 80 Prozent möglich, im Trend-Szenario sind es nur minus 70 Prozent.

Die Region Hannover kann zukünftig eine deutlich stärkere Treibhausgas-Reduktion erreichen als Land und Bund. Das Gutachten bescheinigt der Region, insbesondere bei der Flächensicherung für Windenergie und Photovoltaik, mit einem Klimaschutzkonzept für die Verwaltung, dem Verkehrsentwicklungsplan 2035+ und eigenen Förderprogrammen für den Ausbau erneuerbarer Energien vergleichsweise gut aufgestellt zu sein. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen verbleiben dennoch auch im Klimaplan-Szenario 2035 im Vergleich zu 2020 etwas mehr als ein Drittel Restemissionen. Diese ergeben sich zum einen aus schwer vermeidbaren Emissionen, etwa aus dem Flugverkehr oder den nicht-energetische Emissionen. Zum anderen werden 2035 noch Autos, Kraftwerke und Heizungen in Betrieb sein, die fossile Brennstoffe nutzen. Durch diese Faktoren außerhalb des direkten Einflussbereichs der Region wird eine vollständige Klimaneutralität bis 2035 voraussichtlich nicht erreicht.

Unter der Voraussetzung, dass die Region Hannover wie andere Kommunen einen klimaverträglichen Restbetrag für den Treibhausgas-Ausstoß pro Einwohner*in definiert, ist die energetische Klimaneutralität bis Anfang der 2040er-Jahre möglich. Bei ambitionierterer Gestaltung von Gesetzen und Förderprogrammen auf EU-, Bundes- und Landesebene kann das Ziel auch schon früher erreicht werden.

Das sagt Regionspräsident Steffen Krach:

„Die EU will bis 2050 klimaneutral werden, Deutschland bis 2045, Niedersachsen bis 2040. Dass wir mit dem Jahr 2035 ein extrem ehrgeiziges Ziel haben, war uns von Anfang an klar. Aber: Wir haben eine Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Enkelkindern. Die globale Durchschnittstemperatur lag über zwölf Monate von Februar 2023 bis Januar 2024 bereits über dem Pariser Klimaschutzziel von 1,5 Grad. Wir haben auf sämtlichen politischen Ebenen keine Zeit mehr zu verlieren. Wir wollen Vorbildregion sein. Es ist mir deshalb viel lieber, dass wir als Region einen ambitionierten Plan mit aller Konsequenz verfolgen und möglicherweise etwas später ins Ziel kommen, als hinterher festzustellen, dass wir mehr hätten tun können.

Durch das Gutachten wissen wir nun viel genauer, wo wir stehen. Das bestärkt uns. Wir werden in unserem Einflussbereich die Treibhausgas-Emissionen so stark wie möglich reduzieren und auf Bundes- und Landesebene für noch mehr Engagement für den Klimaschutz werben, um bis 2035 so nah wie möglich an die Klimaneutralität heranzukommen.“

Das sagt Klimadezernent Jens Palandt:

„Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist der wichtigste Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität. Als wir unsere Windenergie-Neuplanung vorgestellt haben, gab es die Kritik, dass 2,5 Prozent Vorranggebiete für ein dicht besiedeltes Gebiet wie die Region Hannover zu viel sind. Die Studie zeigt ganz klar: Die Planungen sind nicht überambitioniert, sondern dringend notwendig. Als nächstes gehen wir das Thema Freiflächen-Photovoltaik an und erarbeiten mit unseren Städten und Gemeinden gemeinsame Leitlinien für einen schnellen Ausbau. Damit schützen wir nicht nur das Klima, wir schaffen auch eine unabhängige Energieversorgung und lösen enorme kommunale Wertschöpfung aus.

Und wir haben noch Handlungsspielraum: Wir wollen die Wärmewende vorantreiben und das Potenzial von Geothermie in der Region ermitteln. Auch mit der Wiedervernässung von Mooren können wir große Mengen CO₂ sparen. Außerdem haben individuelle Entscheidungen einen riesigen Einfluss auf unsere Bilanz. Wichtig ist deshalb, dass unsere Botschaft bei den Menschen und Unternehmen in der Region ankommt: Es zahlt sich aus, jetzt eine Wärmepumpe einzubauen oder eine PV-Anlage aufs Dach zu bringen.“