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Schwangerschaftsabbrüche - Beratung für ungewollt schwangere Frauen soll sich verbessern

Symbolfoto. Quelle: pixabay.

Region. Die Beratung und Versorgung von ungewollt schwangeren Frauen in der Region Hannover muss sich laut der Region dringend verbessern. Warum das so ist und was es braucht, um diese Frauen in ihrer Situation zu stärken und zu unterstützen, dazu hat der Runde Tisch Frauen, Mädchen und Gesundheit in der Region Hannover ein Positionspapier vorgelegt, dass heute (22.4.) im Ausschuss für Gleichstellung, Integration, Diversität und Anti-Diskriminierung der Region Hannover vorgestellt wurde.

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Regionspräsident Steffen Krach: „Ich danke allen Akteurinnen des Runden Tisches für ihr Engagement für dieses wichtige Thema. Mit ihren Erfahrungen aus der Praxis geben sie uns wichtige Hinweise für eine bessere Versorgung von ungewollt schwangeren Frauen in der Region Hannover. Eine gute medizinische Versorgung für Betroffene sollte eigentlich selbstverständlich sein – es gibt aber dringenden Verbesserungsbedarf nicht nur in der Region Hannover, sondern weit darüber hinaus. Wir werden mit allen Beteiligten im Gespräch bleiben, um Maßnahmen zu ergreifen.“

Forderungen nach einer Abschaffung des Paragraphen 218 werden im politischen Raum immer lauter und Schwangerschaftsabbrüche gelten in vielen Teilen der Gesellschaft als Teil gesundheitlicher Versorgung und weniger als Straftat. Doch die Versorgungssituation verschlechtert sich zunehmend. „Die gesetzlichen und medizinischen Rahmenbedingungen sorgen nach wie vor für eine Stigmatisierung und Vernachlässigung von ungewollt schwangeren Frauen, und die Zahl der Versorgungseinrichtungen sinkt seit Jahren drastisch“, kritisiert Petra Mundt, Gleichstellungsbeauftragte der Region Hannover. Nachdem es 2003 bundesweit noch 2.050 Praxen und Kliniken gab, die den Schwangerschaftsabbruch durchführten, waren es Ende 2021 nur noch 1.029 – ein Rückgang um 50 Prozentpunkte.

Auch in der Region Hannover nimmt das Angebot für den Schwangerschaftsabbruch ab, denn immer weniger Praxen und Kliniken bieten den Abbruch an. So kommt es häufiger zu längeren Wartezeiten. Das Problem: Der Schwangerschaftsabbruch ist an Fristen gebunden – nach der 12. Schwangerschaftswoche ist ein Abbruch nicht mehr straffrei möglich. Die Folge: Fast 60 Prozent der Frauen, die eine ungewollte Schwangerschaft abbrechen wollen, haben Schwierigkeiten bei der Organisation.

Sechs Forderungen hat der Runde Tisch formuliert, die auf eine bessere Beratung und Versorgung von ungewollt schwangeren Frauen abzielen:

1. Es braucht eine stärkere Integration von Schwangerschaftsabbrüchen in der medizinischen Ausbildung

2. Die Grundversorgung von Schwangerschaftsabbrüchen muss sichergestellt werden

3. Frauen müssen besser beraten werden und selbst über die Wahl der Abbruchmethode entscheiden können

4. Es braucht verbindliche Regeln für Spätabbrüche

5. Es muss ein Austauschnetzwerk für den fachlichen Dialog aller Akteur*innen (Beratungsstellen, Kliniken, niedergelassene Ärzt*innen) geben.

6. Frauen mit Verständigungsbarrieren brauchen Unterstützung bei der Übersetzung im Rahmen von medizinischen Beratungs- und Behandlungsterminen – bedeutet, die Kosten für Dolmetscher*innen müssen auch beim Schwangerschaftsabbruch zur Regelleistung werden.

„Studierende der Medizin melden zurück, dass die fehlende Auseinandersetzung während des Studiums zu Unsicherheit führt und deshalb zukünftig weniger Ärzt*innen Schwangerschaftsabbrüche anbieten werden“, so Silke Sundermeier von pro familia, die das Positionspapier gemeinsam mit Danielle Winterhalter von Amanda den Mitgliedern des Ausschusses vorgestellt hat. Von insgesamt 208 gynäkologischen Praxen (Stadt Hannover plus 20 km Umkreis) bieten derzeit nur 17 Praxen die Begleitung und Durchführung einer Abtreibung an. Öffentlich registriert und für Frauen „auffindbar“ sind lediglich sieben davon. Das Angebot in den wenigen Krankenhäusern, die einen Abbruch vornehmen, beschränkt sich zudem auf die operative Methode mit Vollnarkose. „Angebote für chirurgische Eingriffe unter örtlicher Betäubung gibt es in der Region Hannover faktisch gar nicht, und ein medikamentöser Abbruch wird seltener angeboten als der chirurgische Eingriff unter Vollnarkose. Hier braucht es dringend mehr Aufklärung und Wahlfreiheit“, so Danielle Winterhalter.

Der Runde Tisch Frauen, Mädchen und Gesundheit in der Region Hannover

Der Runde Tisch Frauen, Mädchen und Gesundheit in der Region Hannover ist ein fachlicher Arbeitszusammenschluss von Expertinnen, die sich auf regionaler Ebene für die gesundheitlichen Belange von Frauen und Mädchen einsetzen. Rund 60 Organisationen sind am Runden Tisch beteiligt, unter anderem Beratungsstellen, Hebammenverbände, Bildungseinrichtungen und Selbsthilfevereine. Es geht um ausgewogene Informationen als Entscheidungsgrundlage und um geschlechtersensible Strukturen. Insbesondere die Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen über den eigenen Körper ist ein wichtiges Thema auf der Agenda.

Der Runde Tisch hat sich bereits vor über 20 Jahren dafür eingesetzt, ein Frauen- und Mädchengesundheitszentrum zu etablieren – das 2004 umgesetzt werden konnte. Auch in die Diskussion um die Förderung der Geburtshilfe in der Region Hannover hat sich der Runde Tisch eingebracht und 2016 ein Positionspapier dazu veröffentlicht. Ein wichtiger Erfolg war zudem die Einrichtung einer Hebammenzentrale, zunächst als befristetes Projekt, mittlerweile als fester Bestandteil des Fachbereichs Gesundheit der Region Hannover.

Hintergrund:

Bereits im September 2024 wurde ein Entschließungsantrag zum Thema Schwangerschaft und Geburt sowie ungewollter Schwangerschaft in den niedersächsischen Landtag eingebracht. Der niedersächsische Sozialminister Dr. Andreas Philippi hat in seiner Rede zum Thema am 26. Februar 2025 zum Ausdruck gebracht, wie wichtig die „Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ist, um der Stigmatisierung ein Ende zu setzen und ein flächendeckendes und vielfältiges Angebot an Ärztinnen und Ärzten, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, für Frauen vorhalten zu können.“

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