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Leserbrief: Über den Dächern von Perugia

Matthias Friedrichs, SPD Pattensen.

Pattensen.

Matthias Friedrichs, SPD Pattensen, wünscht allen ein schönes neues Jahr und freut sich auf das Jahr 2021:

„Welches Motiv passt am besten zum Jahr 2020?“ Diese Frage stellte ich mir, als ich mein Archiv nach einem geeigneten Bild durchsuchte und in einem Urlaubsordner aus dem Jahr 2017 landete. Urlaub… Entdecken der Wunder dieser Welt, in der wir leben. Reisen zu fernen Zielen, das Erleben neuer Kulturen und Möglichkeiten. Dinge, die in diesem schwindenden 2020 in so weite Ferne entwichen zu sein scheinen, einzig einen kleinen schimmernden Silberstreif der Hoffnung auf bessere Zeiten am Horizont zurücklassend.

Und doch, das ist nicht alles, dieses Bild sagt noch viel mehr aus, als der triviale Wunsch nach Urlaub. Abgesehen davon, dass unsere Reise in Bergamo startete, jener schönen und sehenswerten Stadt in der das Virus nicht einmal drei Jahre später so schlimm wüten sollte.

Perugia, jene alte und ehrwürdige Stadt auf ihrem Berg in Umbrien thronend, die schon so viele unterschiedliche Facetten des Lebens gesehen und erlebt hat. Leid, Not, Elend, aber auch die Dinge, die das menschliche Sein so unfassbar schön gestalten. Als Beispiel: Aufgrund einer Meinungsverschiedenheit ließ der Papst einst mehrere Stadtteile von Perugia zuschütten und erstickte für mehrere Jahrhunderte das einst so großartige kulturelle Leben, wofür jener Ort so berühmt gewesen war, im Keim. Warum? Aus purer Macht und Willkür.

Was taten aber die Einwohner von Perugia? Gaben sie auf? Resignierten sie? Verfielen sie in Lethargie? Nun, nach all den Jahren in Knechtschaft hätte man dies gewiss verstanden, so geht es mir jedenfalls persönlich.

Genau das taten sie aber nicht, sie hofften und arbeiteten an einer schönen Zukunft, eben immer jenen Silberstreif am Horizont in ihren Herzen bewahrend. Jene Stadtviertel sind zwar immer noch verschüttet, aber sie wurden freigelegt und ihre Schönheit erhalten. Sie sind nun die Markthallen der Stadt und das künstlerische und kulturelle Leben tobt durch mannigfaltige Installationen und Ausstellungen in diesen. Eine wunderschöne Lichtbildinstallation unter Tage kündet übrigens genau von dieser Geschichte und ist ein überaus kreativer Fingerzeig in Richtung Rom, aber auch für uns selbst. Perugia selbst ist nahezu autofrei und ein leuchtendes Vorbild der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes für die Städte und Gemeinden Europas.

Was war nun also meine Intention mit diesem Text bezogen auf das schwindende Jahr?

Man könnte nun zu 2020 sagen: „Wenn dir das Leben Zitronen gibt, dann verlange nach Tequila!“ Doch das finde ich, wäre nicht richtig. Würde man doch so all die schönen, aber auch abwechslungsreichen Dinge außer Acht lassen, die jenes Jahr ebenso mit sich gebracht hat.

So möchte ich lieber damit schließen, dass ich wie ein Mensch aus Perugia sein möchte. Weder zögernd, noch verzagend. Aufbauend auf dem, was er oder sie zur Verfügung stehend hat, auch in aller Tristesse die Chancen und Möglichkeiten für eine goldene Zukunft sehend.

Darum wünsche ich zum Abschied aus dem Jahr 2020 ‚un sacco di baci‘, viele Küsse aus Perugia. Übrigens handelt es sich hierbei um eine nette kleine delikate Süßigkeit aus jener Stadt, die Weltruhm genießt.“

Auf ein abwechslungsreiches und schönes Jahr 2021.

Euer/Ihr Matthias Friedrichs

 

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