Laatzen.
Einen regelrechten Frage-Antwort-Marathon hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil gestern Abend in Laatzen absolviert: Auf Einladung der SPD-Landtagsabgeordneten Dr. Silke Lesemann und des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Matthias Miersch war er Gast einer Dialogveranstaltung in den Räumen der Deutschen Rentenversicherung. Das Besondere: Die Gäste konnten ihre Fragen auf Bierdeckel schreiben, Miersch und Lesemann sammelten sie ein und lasen sie vor. Rasant war nicht nur die Schlagzahl der Fragen, die der Ministerpräsident beantworten sollte, sondern auch die Themenwechsel: Aus nahezu jedem Politikbereich kamen Fragen aus dem Publikum – von der Bildung über die Steuergerechtigkeit bis hin zur Wolfspopulation in Niedersachsen.
Weil zeigte sich gleich zu Beginn gut gelaunt und kämpferisch - auf die Frage, ob SPD-Kanzlerkandidat eine gute Wahl als Herausforderer von Angela Merkel sei, sagte er: „Martin Schulz wäre ein richtig guter Bundeskanzler. Jetzt heißt es Gas geben und möglichst viele Stimmen holen.“ Er wolle „möglichst viel hinhören in allen niedersächsischen Regionen" und erhoffe sich von diesem Dialogformat „ viele schöne, interessante und spannende Abende für beide Seiten“, so Weil.
Bildungspolitik ist Ländersache und so kamen viele Fragen aus diesem Bereich. Ob die Abschaffung des Turboabiturs richtig war, wollte ein Gast wissen. Weil lies daran keinen Zweifel aufkommen: „ Es kommt nicht darauf an, wie lange Schüler brauchen, um ihre Talente zu entfalten, es kommt darauf an, dass sie sie entfalten.“ Die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen war die erste, die das Turbo-Abitur wieder abgeschafft hat.
Auf die Frage nach mehr Steuergerechtigkeit und wann es eine Steuerentlastung für kleine und mittlere Einkommen geben werde, antwortete Weil: „Hoffentlich sehr bald nach der Bundestagswahl!“ Weil hatte vor kurzem einen Vorschlag für eine Einkommensteuerreform vorgelegt, den er als „ernsthaften Diskussionsbeitrag“ verstanden wissen möchte. Das Konzept sieht die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen durch eine Abschaffung des Solidaritätszuschusses und die Anhebung des Spitzensteuersatzes vor. Die wirtschaftliche Lage in Deutschland und der Staatshaushalt erlaube Spielraum für mehr soziale Gerechtigkeit mittels eine leichten Umverteilung der Steuerlast.
Soziale Gerechtigkeit spielte auch bei Fragen zur Bildungspolitik, Altersarmut und Lohngerechtigkeit eine wichtige Rolle. „Bildung soll nicht vom Geldbeutel abhängen“, so Weil. Ein zentraler Punkt des Wahlprogramms der niedersächsischen SPD ist das Thema Bildung. So sollen die Kita-Gebühren im Falle eines Wahlsieges ab 2018/19 abgeschafft werden. Zudem wurden bereits 1000 zusätzliche Sozialarbeiterstellen an Schulen sowie mehr als 150 Stellen für Sprachlernklassen und Sprachförderung geschaffen.
Wie man Altersarmut bekämpfen könne, wollte ein Zuhörer wissen. Eine kluge Rentenpolitik sei wichtig, das Problem müsse man aber bereits konsequent in der aktiven Erwerbszeit angehen, betonte Weil. Die Einführung des Mindestlohns sei sicher nicht ausreichend, aber ein Anfang gewesen. Im Bereich der Lohngerechtigkeit gebe es für die SPD noch viel zu tun. Der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ müsse konsequent weiter verfolgt werden.
Nach etwas mehr als 90 Minuten beendeten Lesemann und Miersch den Abend. „Einmal quer durch die Landespolitik- Vom Wolf bis zum Turbo-Abi war wirklich alles dabei“ fasste Lesemann den Abend zusammen. Miersch und Lesemann bedankten sich bei Ministerpräsident Weil für den Frage-Antwort Marathon und auch dieser bedankte sich bei Gastgebern und Gästen für die Fragen, Wünsche und Anregungen.