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Pattensen: Enge Gemeinschaft von Tieren und Stieleiche

Pattensen.

Die Fällsaison hat begonnen und damit auch Maßnahmen zur Baumpflege. Betroffen sind auch Wanderwege, wenn dort umfallgefährdete Bäume stehen oder große Äste abzubrechen drohen. Hier gilt an öffentlichen Wegen und Straßen vorsorglich die Verkehrssicherungspflicht. Trotz dieser zweifelsohne notwendigen Pflicht ist aus Naturschutzsicht auch der Schutz wertvoller Bäume zu beachten. Denn gelegentlich werden auch einmal Bäume gefällt, die noch vital sind und lange leben könnten. Eine Prüfung durch Baumsachverständige zeigt oft, dass ein behutsamer Schnitt von abgestorbenen Zweigen ausreicht.

Aus Sicht der Naturschutzbeauftragten Sibylle Maurer-Wohlatz sind vor allem Eichen in Wäldern und Auwäldern zu schützen, die nicht nur zu den uralten heimischen Arten gehören, sondern zudem eine herausragende Bedeutung für die Artenvielfalt haben.

Alte Eichen sind aber in Pattensen sehr rar: neben zwei Naturdenkmälern in Koldingen – eins in der Aue, eins im Ort, beides Eichen die 300 bis 400 Jahre alt sind, gibt es vereinzelt besonders schöne, ebenfalls alte Exemplare. "Jede Eiche, die gefällt wird - sei es zur Holzgewinnung oder aus Verkehrssicherungspflicht - ist ein Verlust, denn Eichen sind – wie wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt haben - Hoffnungsträger gegen den Klimawandel und zur Erhaltung der bedrohten Artenvielfalt". Voraussetzung ist, dass es sich um bewährte regionale Bestände handelt, die z.B. in den Auen zeitweilige hohe Wasserstände ebenso gut vertragen wie längere Trockenheit, was für Eichen mit ihren Pfahlwurzeln ein Vorteil ist.

Aber auch der gebietsheimische Feldahorn, die Hainbuche sowie Wildkirsche sind Arten, die gut mit Klimaextremen in der Natur zurechtkommen und daher ideal auch für die Pflanzung als solitär stehende Bäume in der Landschaft und im städtischen Raum sind. Hainbuchen eigenen sich zudem hervorragend zur Heckenpflanzung, denn sie vertragen den Heckenschnitt vom 1. Oktober bis Ende Februar sehr gut und bieten Lebensraum für viele Brutvögel und Insekten im Gegensatz zu exotischen Koniferen und Kirschlorbeer, die aus Naturschutzgründen wertlos sind.

An und von einer Eiche leben je nach Standort 500 bis 1000 unterschiedliche Insektenarten; keine andere Baumart bietet so viel Lebensraum. Das ist dadurch zu erklären, dass sich Eichen nach der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren schon viele tausend Jahre früher als z.B. Buchen bei uns wieder angesiedelt haben und so eine enge Gemeinschaft von Tieren und Stieleiche entstanden ist. Eichen gehören zudem zu den gegen den Klimawandel vitalsten Baumarten Deutschlands. Gerade die Eicheln alter, widerstandsfähiger Bäume sind besonders wertvoll für die Naturverjüngung. Der darauf „spezialisierte“ Eichelhäher trägt maßgeblich dazu bei, neue Eichen zu pflanzen, indem er in seinem Revier Futterdepots mit ihnen anlegt, die dann im Frühjahr keimen. Diese Naturverjüngung der Stieleiche ist von immenser Bedeutung, weil - im Gegensatz zu ihr - immer mehr andere Laubbaumarten von Krankheiten und Schädlingen befallen werden und absterben.

Die Naturschutzbeauftragte schlägt deshalb vor, alle Eichen, die ein Alter von 80 und mehr Jahren erreicht haben, nicht mehr zu fällen. Abgeschnittene Äste sollten als Altholz im Wald oder in der Aue verbleiben als Lebensraum für selten gewordenen Käferarten wie dem Nashornkäfer, die vom morschem und altem Holz leben.  Um das Alter einer Eiche zu bestimmen gibt es die Faustregel, den Umfang in 1,5 Metern Höhe zu messen und diesen mit 0,8 zu multiplizieren. Demnach müssten die alten Stieleichen am Wanderweg am Fuchsbach von Reden nach Pattensen 250 bis 350 Jahre alt sein.