Pattensen.
Bürgermeisterin Ramona Schumann hatte zum Ende des Jahres noch eine Überraschung parat: „Wir haben das Angebot einer Kinderärztin, die sich in Pattensen niederlassen will“, berichtete die Bürgermeisterin bei einem Pressegespräch in ihrem Dienstzimmer.
Auch die 36-jährige Dr. Joke Buring nimmt an diesem Gespräch teil. Die gebürtige Niederländerin hat sich nach einigen Stationen als angestellte Kinderärztin in Praxen und bei der MHH entschlossen, den Schritt in die Selbständigkeit zu gehen. „Ich möchte es jetzt wagen, das ist nicht ganz ohne Risiko für mich, aber ich bin mir sicher, dass Pattensen eine Kinderarztpraxis benötigt“, berichtet die Ärztin. Schumann ergänzt, dass sich in den letzten Jahren die Kinderzahlen drastisch nach oben bewegt haben. „In der Statistik der Region Hannover sind wir statistisch die Kommune mit dem höchsten Anteil an unter 14jährigen – diese liegt bei 13,9 Prozent, wobei der Regionsdurchschnitt 12,6 Prozent beträgt“.
Hinzu käme, dass die kassenärztliche Vereinigung (KVN) mit Zahlen aus dem Jahr 2017 operiere. Damals war u. a. das Neubaugebiet Pattensen-Mitte Nord noch nicht vollgelaufen und die aktuellen demografischen Entwicklungen in Schulenburg, wo eine Reihe alter Häuser an junge Familien verkauft wurden, sei auch noch nicht berücksichtigt. „Die KVN scheint nicht zu prognostizieren, sondern in der Retroperspektive zu prüfen“, vermutet die Bürgermeisterin. „Ich ziehe die Bedarfsermittlung zumindest in Teilen in Zweifel“, ergänzt die Verwaltungschefin.
Buring hat noch eine weitere interessante Statistik parat: „Im Bundesdurchschnitt gibt es einen Kinderarzt auf ca. 9000 Einwohner. Im Raum Pattensen sind es ein Kinderarzt auf fast 17000 Einwohner.“
Doch all diese Argumente haben nicht geholfen. Dr. Buring hat bei der KVN einen Antrag auf Sonderzulassung gestellt, der von der Bürgermeisterin persönlich unterstützt wurde: „Unsere Ratsvorsitzende Julia Recke, hat bereits 2012 einen Antrag gestellt, der das Ziel einer eigenen Niederlassung für eine Kinderarztpraxis für Pattensen hatte. Seit dem arbeiten wir an dem Thema. Es war keine Frage, dass ich mich selber um die Unterstützung des Antrags bemühe. Leider ohne Erfolg“, berichtet Schumann.
Die KVN habe den Antrag abgelehnt. Der Bescheid und die Begründung stünden noch aus, aber die Bürgermeisterin will sich nicht geschlagen geben: „Wir haben auf unsere ersten Anfragen 2012, 2013 und auch später immer mitgeteilt bekommen, dass sich Räumlichkeiten und eine Ärztin oder ein Arzt finden müssen. Beide Voraussetzungen sind erfüllt. Die Räumlichkeiten werden seit Mitte 2019 sogar frei gehalten. Jetzt ist die KVN dran, Wort zuhalten.“
Die Bürgermeisterin will den Bedarf in Pattensen nicht nur mit den bereits bekannten und im Antrag vorgebrachten Zahlen begründen, sondern auch mit Unterstützung der Bürgerschaft: „Mir ist bekannt, dass Eltern massive Schwierigkeiten haben, Termine oder überhaupt einen Zugang zu Ärzten in erreichbarer Nähe zu bekommen. Auch die ÖPNV-Verbindungen schränken die Arztwahl erheblich ein. Ich bitte daher um Berichte zu diesen Problemen als Beleg für die dringende Notwendigkeit einer Praxis in Pattensen.“
Die Bürgermeisterin bittet betroffene Eltern bzw. Bezugspersonen diese Informationen an rathaus(at)pattensen.de zu senden. Sie möchte diese gern gemeinsam mit der Ratsvorsitzenden und weiteren ergänzenden Daten im angestrebten Einspruchsverfahren vorlegen. „Ich und die Politik sind überzeugt davon, dass eine Kinderarztpraxis in Pattensen notwendig ist und das wollen wir deutlich machen“, zeigt sich die Verwaltungschefin kämpferisch.