Barsinghausen.
Mit Andreas Sidon kam am Donnerstagabend, 23. Juli, ein echtes Schwergewicht nach Barsinghausen. Der ehemalige Boxweltmeister im Schwergewicht besuchte den Fight Club Basche. Neben einigen Sparingfights wurde auch ein Musikvideo für eine Barsinghäuser Künstlerin gedreht.
Es gab viele Kämpfe im Leben von Andreas Sidon. Die schwersten musste er allerdings außerhalb des Rings meistern. Mit zehn Jahren verlor er seine Eltern bei einem Autounfall und kam ins Heim. Dort musste er lernen sich allein durchzusetzen. „Vor ihrem Tod sagte meine Mutter zu mir, dass wichtigste ist Wissen und die Schule“, erinnert sich Sidon, „ab da an habe ich viel gelesen.“ Er schaffte die Realschule, die Ausbildung und das Fachabi. „Mit 25 Jahren machte meine Freundin mit mir Schluss, da kam glaube ich die ganze Trauer hoch, die ich im Kinderheim unterdrückt habe. Da habe ich auch entschieden, jetzt gehe ich nach Thailand und lerne Kickboxen.“ 1997 wird er Europameister und auch Weltmeister im Kickboxen (IKBO). Er verliebt sich in eine thailändische Frau, sie bekommen Kinder. Nach einigen Jahren folgt die Trennung. Aber Sidon trifft in Deutschland seine Jugendliebe wieder. Sie gründen eine Familie, doch 2003 stirbt seine Frau bei einem Autounfall, bei dem auch Sidon und die drei Kinder teils schwer verletzt werden. Seit 1999, Sidon ist da schon 36 Jahre alt, wird er Profiboxer. Er kämpft unter anderem gegen den späteren Weltmeister Nikolai Walujew. 2002 wird er Deutscher Meister im Schwergewicht (BDB) und ist von 2003 bis 2008 Weltmeister im Schwergewicht (WBB). Der Verband nimmt ihm allerdings die Lizenz. Die Begründung, Verkalkung der Halsschlagader. Wieder muss Andreas Sidon kämpfen, um seine Lizenz zurück zu bekommen. Sponsoren wenden sich aufgrund des Titelverlustes von ihm ab. Er gibt nicht auf und wird 2012 Schwergewichts-Weltmeister des Verbandes WBU und er holt sich 2015 den Weltmeistertitel in der WBB. Der frühere Amateur- und Profimeister aus Gießen gewinnt im Juli 2017, in seinem bis jetzt letzten Kampf, im Alter von 54 Jahren in einem „Veteranen-Duell“ in Mansfield bei Nottingham, England seinen 46. Profisieg.
Ein Leben voller Tiefschläge, die den Boxer nie zum Aufgeben brachten. Neben den Profikämpfen sammelte er in Charity-Kämpfen Geld für Waisenhäuser. „Fairness ist mir sehr wichtig, genau wie Respekt. Kindern möchte ich soziale Werte vermitteln und ihnen mit meiner Geschichte Motivation und Selbstvertrauen schenken“, erklärt Sidon auch seinen Besuch in Barsinghausen. Sein guter Freund Markus Neugebauer holte ihn für einen Besuch in die Stadt. Auch in Zukunft möchte Andreas Sidon den Boxsport in Barsinghausen weiter unterstützen.
Im Fight Club Basche absolvierte er einige Sparingkämpfe. „Er ist sehr gut trainiert. Andreas hat alle kämpfe durchgezogen, er ist einfach ein super netter Typ“, freut sich Ali Haydar Bingöl, Inhaber des Fight Club Basche. Seit 33 Jahren macht Bingöl Kampfsport, war Deutscher Meister im Kickboxen. Nach über sieben Jahren in Hohenbostel, eröffnete er das Dojo in Barsinghausen, Egestorfer Kirchweg 5. Die Coronakrise erzwang gleich im ersten Jahr die Schließung. Nun wird aber wieder trainiert. 120 Mitglieder hat der Club, bietet Boxkurse, Kickboxkurse, Taekwon-Do, Soshin-Do, Stockampf, Kali, spezielle Frauenkurse und Kinderkurse an. Interessierte dürfen sich gerne für ein Probetraining melden.
Auch an diesem Abend steht Sidon wieder im Ring. Er absolviert ein leichtes Sparing und steht für Videoaufnahmen bereit. Jannina Jäger, Künstlerin aus Barsinghausen, hat ein Lied über Sidon geschrieben und gibt dem 1,97 Meter großen ehemaligen Profiboxer nun Regieanweisungen.
Neben einer Spiegel TV-Reportage (2017) zeigt sich aktuell auch ein bekannter deutscher Schauspieler und Filmemacher am Leben von Sidon interessiert und plant einen Film über ihn.