Barsinghausen. Die Kundgebung von Barsinghausen ist bunt, zu der auch die Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis ‘90/Die Grünen, FDP und AFB sowie der IG Bantorf aufgerufen haben, kamen geschätzt 400 Barsinghäuser Bürger. Sie wollten sich solidarisch mit Betroffenen, Gesundheitspersonal, Wissenschaft und Politik zeigen. Auch die „Spaziergänger“ waren an diesem Montag wieder in Barsinghausen unterwegs. .
Zu Beginn ergriff Bürgermeister Henning Schünhof das Wort. Er betonte, wie wichtig es sei sich mit dem Pflegepersonal zu solidarisieren, welches die Corona-Patienten und Long-Covid-Patienten versorge und unter hoher Belastung leide, bei manchen Menschen aber einfach kein Gehör für ihr Leid finden. Auch mit den Angehörigen, die Menschen an Corona verloren haben, sollte gedacht werden. Ebenfalls an die Mitarbeiter der Gesundheitsämter, die seit zwei Jahren unter großem Druck stehen. Aber auch mit Politikern sollten sich die Menschen solidarisch zeigen, da diese oft auf das schärfste angefeindet würden. Auf vielen Versammlungen werde nach Freiheit geschrien, erklärte Schünhof. So hoch das Recht auf Versammlungsfreiheit auch sei, mit Freiheit gehe aber auch Verantwortung einher. Besonders sollten sich die Menschen hinterfragen, vor welchen Karren sie sich spannen lassen. „Ich appelliere hier an die, die krude Theorien und rechtsradikales Gedankengut ablehnen, sich eben nicht instrumentalisieren zu lassen und denen eine Bühne zu bieten, die nur vordergründig die Corona-Maßnahmen als Anlass für Versammlungen nehmen“, so der Bürgermeister.
Auch Pastorin Ute Kulmbach sprach zu der friedlichen Menschengruppe. Sie brachte die Gedanken noch einmal auf die Angehörigen von Verstorbenen. Angehörige die selbst erkrankten und nicht zu Beerdigungen konnten und in Stille trauern. An Kinder und Jugendliche, welche nun seit zwei Jahren wichtige soziale Kontakte nicht wahrnehmen können und vielleicht auch sich selbst überlassen sind und nicht aufgefangen werden, in dieser schwierigen Zeit. Gerade auch Kindergartenkinder, die noch nicht verstehen, warum sie von heute auf morgen nicht mehr in die Kita dürfen, da es einen Infektionsfall in der Gruppe gab. „Wir halten weiter durch. Gemeinsam!“, so Kulmbach, „Und als Pastorin habe ich natürlich auch noch etwas aus der Bibel: Gott gab uns nicht den Geist der Furcht, sondern den Geist der Liebe und Besonnenheit.“
Anschließend ergriff Renate Hachmeister das Mikrophon. Sie ist seit 26 Jahren Krankenschwester auf einer Intensivstation in einem Krankenhaus in der Region tätig. Sie berichtete von den Belastungen für das Personal und wie schwierig es sei Corona-Patienten zu versorgen. Wie schwer es für Angehörige sei nicht zu ihren kranken Familienmitgliedern zu können und diese mitunter plötzlich verstarben. Nur weniger auf der Station überlebten und kämpften bis heute mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, so Hachmeister.
Thela Wernstedt, Landtagsabgeordnete, rückte die Wissenschaft noch einmal in den Mittelpunkt. Sie bringe neue Erkenntnisse und ja, sie bringe auch neue Erkenntnisse über altes Wissen und verändere somit auch einiges. Es sei richtig und wichtig die Wissenschaft zu hinterfragen. „Das tun die Wissenschaftler untereinander auch jeden Tag, aber Querdenker braucht es dazu nicht“, so Wernstedt. Wissenschaft brauche Vertrauen und aufgeklärte Bürger. „Nicht jede Meinung ist Kritik.“ Jede Entscheidung in einer Gesellschaft wirke sich auch auf die Mitmenschen aus. Wer sich nicht impfen lasse, gefährde Mitmenschen und wer Kritik an Maßnahmen äußere könne sich heutzutage umfassend informieren, müsse aber auch Antworten haben wollen, so die Landtagsabgeordnete.
Ingo Arlt, Barsinghausen ist bunt, war der letzte Redner, bevor die Kundgebung aufgelöst wurde. „Wenn ich auf den Spaziergängen und Demonstrationen höre, was über Politiker gesagt wird und welche Umsturz-Fantasien dort herrschen, müssen wir uns auch mit Politikern solidarisieren.“ Gerade dann sei es die richtige Zeit, sich zu versammeln und für die Demokratie zu kämpfen. Er fragte sich auch, wie viele ungeimpfte Montags-Spaziergänger wohl auf eine medizinische Behandlung bei einer Corona-Infektion verzichten würden. „Diese Menschen suchen stets nach Schuldigen und auch der oft gerufene Begriff `Lügenpresse` kommt direkt aus dem Dritten Reich. Kritik darf sein, aber die Achtung vor den Mitmenschen muss bestehen bleiben“, so Arlt.
Sybille Busse bedankte sich bei den vielen Menschen, die gekommen waren und löste anschließend die Versammlung um 19.15 Uhr auf. „Das hier macht Barsinghausen liebenswert. Wenn es nötig ist, sehen wir uns hier wieder.“
Etwa zeitgleich fand in Barsinghausen auch wieder ein Montags-Spaziergang statt. Laut Polizei waren hier etwa 260 Menschen anwesend. Die Gruppe startete ihren Umzug am Ende der Marktstraße, ging dann in einer Runde am Bahnhof vorbei, die Bahnhofsstraße hinauf zurück zur Marktstraße. Hier wurde die Veranstaltung anschließend aufgelöst.