Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige

Bürgermeister zur Haushaltsdebatte: „Wollen wir den Haushalt retten, oder die Stadt? – Lassen Sie uns reden.“

Bürgermeister Christian Springfeld. Archivbild.

Springe. „Die Haushaltsdebatte am vergangenen Mittwoch war für mich persönlich aus Verwaltungssicht einer der politischen Tiefpunkte der letzten neun Jahre. Ich habe mich lange zurückgehalten, da der Rat die „politische Bühne“ der Ratsmitglieder ist. Hier folgt meine Meinung:.

Da wurden vielfach auch einstimmig oder mit großer Mehrheit durchaus mit Akribie erarbeitete Mehrausgaben in das Zahlenwerk des Haushaltes politisch eingearbeitet, um am Ende in weiten Teilen gegen den gesamten Haushalt zu stimmen und damit in Kauf zu nehmen, dass am Ende – ohne Haushalt – nicht nur nichts von alledem umgesetzt wird, sondern noch viel weniger. Das Signal, das damit – aus meiner Sicht – gesendet wird ist: „Ob und was hier in dieser Stadt passiert ist mit ziemlich egal, Hauptsache möglichst wenig!“ Wenn man eine agile Stadtverwaltung allen Ernstes in Ketten legen und zu „Dienst nach Vorschrift“ zwingen will, ist die Ablehnung des Haushaltes genau der „richtige“ Weg dazu. Diesem Schicksal ist unsere Stadt Mittwochabend mit nur 17 Ja-Stimmen und 15 Nein-Stimmen bei 3 Enthaltungen nur knapp entronnen.

Natürlich ist es Wesen der Politik, unterschiedliche Meinungen zu haben, aber Wesen der Politik ist eben auch der Kompromiss, um aus den vielen Meinungen am Ende eine Entscheidung zu machen. Ohne jeden nachhaltigen Alternativvorschlag und ohne konstruktiven Kompromiss immer wieder einfach nur mit „Nein“ zu stimmen kann doch auch für Mandatsträgerinnen und Mandatsträger nicht erfüllend sein. Ich wünsche mir dringend eine konstruktive Kompromissfindung, die ich im Rat der Stadt Springe derzeit nicht erkennen kann und biete dazu – sowohl als einfaches Ratsmitglied als auch als Leiter der Stadtverwaltung – nach wie vor gerne das gemeinsame Gespräch an. Meine Verwaltung und ich sind nach wie vor nicht nur bereit dazu, wir haben den dringenden Wunsch nach mehr konstruktiver Konsensualität. Mein erklärtes Ziel ist, dass wir im Bewusstsein der Verantwortung für unsere Stadt für den nächsten Haushalt im gemeinsamen Ringen einen besseren Kompromiss und eine breitere Mehrheit erarbeiten.

Das wird uns nur gelingen, wenn wir offen und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Diese offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit erlebe ich zusehends als Einbahnstraße. In meiner Einbringungsrede im Oktober des vergangenen Jahres habe ich – wie jedes Jahr – sehr transparent dargelegt, wie ernst die Lage ist. Unter diesem Eindruck haben wir uns erstmalig gemeinsam mit externer Unterstützung dezidiert und strukturiert und ohne „Denkverbote“ der Konsolidierung des Ergebnishaushaltes gewidmet und ein Haushaltssicherungskonzept in einer bisher unerreichten Detailtiefe und Qualität erarbeitet. Damit dies gelingt und alle Entscheidungsträger ausreichend Zeit haben, sich in die Thematik einzuarbeiten, haben wir den Haushaltsbeschluss aus dem Dezember in den Februar verschoben. Der nächste Step wird Ende März der Einstieg in die strategische Investitionsplanung sein.

Da in der politischen und öffentlichen Debatte – aktuell sogar gestützt durch anonyme Flugblätter – immer wieder der Eindruck erweckt wurde, es mangele an Transparenz oder Erkenntnis oder beidem, hatte ich in unten stehender E-Mail das Verfahren noch einmal schriftlich vertiefend erörtert. Das trotz öffentlicher Darstellung sämtlicher haushaltsrelevanter Zahlen, Daten und Fakten von Teilen der im Rat vertretenen Parteien, Gruppen und Einzelvertretern – wider besseren Wissens – wiederholt der Eindruck erweckt wird, die Lage würde schöngeredet, oder es würden gar Fakten verschwiegen, entbehrt jeder Grundlage und ist in dieser Intensität und Unwahrheit schlicht unerträglich und vollkommen verantwortungslos. Auch wenn „alternative Fakten“ sich im politischen Geschäft ja immer mehr Bahn brachen, kann und will ich mir nicht vorstellen, das große Teile des Rates der Stadt Springe sich allen Ernstes auf dieses Niveau herablassen wollen – mit welchem Ziel?

Die konjunkturelle Lage ist, wie sie ist. Gegen die chronische Unterfinanzierung der kommunalen Ebene können wir nicht ansparen. Einfach „weiter so“ geht auch nicht. Also konsolidieren wir, was geht, ohne die Stadt vor die Wand zu fahren und kommenden Generationen eine noch marodere Infrastruktur zu hinterlassen. In dieser Gemengelage gilt es aus meiner Sicht in der Breite mehrheitsfähige Kompromisse zu finden. Also, um auf die provokante Eingangsfrage zu antworten, ob wir den Haushalt oder die Stadt retten wollen: Am besten so gut es eben geht beides. Dazu braucht es vor allem eines: Kompromissfähigkeit.

Also lassen Sie uns reden.“

Der Bürgermeister