Region. Der Fachkräftemangel in der Kinder- und Jugendhilfe erschwert zunehmend auch die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Ausländer. Die Kommunen, die über ihre Jugendämter im Rahmen so genannter Inobhutnahmen und Anschlussmaßnahmen für die Unterbringung und Betreuung unbegleitet eingereister Kinder und Jugendlicher zuständig sind, vermelden vermehrt Schwierigkeiten bei der Erledigung dieser Aufgabe..
Nachdem das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung bereits in der Vergangenheit die Mindestanforderungen bei Betriebserlaubnissen für spezielle Wohn- und Betreuungseinrichtungen herabgesenkt hat, z.B. bei den Personalstandards, wird heute eine weitere Maßnahme auf den Weg gebracht, um die Handlungsfähigkeit der Jugendhilfeträger zu stärken. So wird die so genannte Fachkraftquote von 75 auf 50 Prozent herabgesenkt, d.h. dass bis zu 50 Prozent je Gruppe geeignetes Personal als Nichtfachkräfte eingesetzt werden kann. Die Reduzierung der personellen Mindestvoraussetzungen gilt ab sofort für die vorläufige Inobhutnahme (§ 42a SGB VIII), die Inobhutnahme (§ 42 (1) Nr. 3 SGB VIII) sowie Anschlussmaßnahmen gemäß §§ 27 ff SGB VIII. Damit kann deutlich mehr Personal eingesetzt werden, das nicht über eine sozialpädagogische Ausbildung verfügt. Entsprechende Hinweise werden heute über das Landesjugendamt an die Jugendämter in Niedersachsen versendet.
Niedersachsens Sozialminister Dr. Andreas Philippi dazu:
„Wir haben die Fachkraftquote aktuell abgesenkt und gleichzeitig die Definition der Fachkräfte um weitere Berufsgruppen erweitert. Das sind Maßnahmen, die in der aktuellen Situation notwendig sind, um die kommunalen Jugendämter bei ihrer Aufgabe zu unterstützen. Mit diesen kurzfristigen Schritten begegnen wir der Zwickmühle aus mehr Kindern und Jugendlichen auf der einen und dem Fachkräftemangel in den sozialen Berufen auf der anderen Seite. Bereits jetzt werden über 3.300 Kinder und Jugendliche, die ohne Eltern oder erwachsene erziehungsberechtigte Angehörige nach Niedersachsen geflohen sind, von den Jugendämtern in den Kommunen betreut. Dafür bin ich sehr dankbar, denn hier sind die jungen Geflüchteten in guten Händen. Die Zahlen werden aber weiter steigen, wir rechnen bis Ende des Jahres mit zirka 4.000 unbegleitet einreisenden Kindern und Jugendlichen in Niedersachsen. Darum gilt es einmal mehr flexibel zu reagieren. Das ist wichtig, damit die Jugendhilfeträger personell nachsteuern können. Gleichzeitig können wir auch in dieser angespannten Lage nicht alle Standards auf null setzen. Kinder und Jugendliche ohne Eltern brauchen grundsätzlich eine intensive und fachkundige Betreuung, das gilt natürlich insbesondere, wenn eine Fluchtgeschichte vorliegt. Wir werden die Lage weiter im Blick behalten und mit den Kommunen den ständigen Dialog fortsetzen. Weitere Maßnahmen behalten wir uns vor.“
Der Fachkräfteproblematik im Bereich der sozialen und pädagogischen Berufe grundsätzlich etwas entgegen zu setzen, haben die Jugend- und SozialministerInnen und die KultusministerInnen heute auf ihrer ersten gemeinsamen Sitzung beschlossen. Gemeinsam mit dem Bund soll ein Instrumentenkasten entwickelt werden, um dem Personalmangel in Jugendhilfeeinrichtungen, der sozialen Arbeit, den Kitas und Schulen zu begegnen. Niedersachen engagiert sich in den entsprechenden Gremien.