Hannover. Der Bedarf an Schulbegleitungen wächst zunehmend, gleichzeitig verschärft der Fachkräftemangel die Lage – die Folge sind zunehmend lange Wartezeiten für die Kinder mit Unterstützungsbedarf, bis eine geeignete Schulbegleitung gefunden ist..
„Das ist für die betroffenen Kinder und ihre Familien eine wirklich schwierige Situation. Auch für die Anbieter*innen von Schulbegleitungen ist das eine enorme Herausforderung, die in den vergangenen Jahren noch einmal gewachsen ist“, sagt Andrea Hanke, Dezernentin für Soziales, Teilhabe, Familie und Jugend. So hat sich die Anzahl der Bedarfe seit der Einführung der inklusiven Beschulung zum Schuljahr 2013/2014 in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdreifacht – gab es in der gesamten Region Hannover im Jahr 2012 noch 442 Schüler mit begleitender Schulassistenz stieg die Zahl in den vergangenen Jahren auf 1.606 Schüler im Schuljahr 2021/2022. Gleichzeitig sind die Kosten für Schulassistenzen im diesem Zeitraum um mehr als das Fünffache gestiegen: von etwa 8 Millionen Euro auf 43,3 Millionen Euro.
„Insbesondere für Kinder mit einer geistigen, körperlichen sowie seelischen Behinderung und von einer seelischen Behinderung bedrohten jungen Menschen gelingt Schulbesuch meist nur mit zusätzlicher Unterstützung durch eine Schulassistenz. Durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie rechnen wir damit, dass die Anzahl der Kinder mit (drohenden) seelischen Behinderungen noch steigen wird, weil hier der emotionale und seelische Druck auf die jungen Menschen zugenommen hat. Auch die Kinder und Jugendlichen mit Fluchthintergrund und teilweise traumatischen Erfahrungen wirken sich auf die steigende Anzahl der Schulassistenzen aus“, so Steffi Rosenhahn, Leiterin des Fachbereichs Teilhabe der Region Hannover.
Die Region Hannover ist zuständig für die Bewilligung von Schulassistenzleistungen – als Jugendhilfeträgerin in 16 Kommunen, als Sozialhilfeträgerin in allen 21 Städten und Gemeinden der Region. Seit Anfang 2020 vereint der Fachbereich Teilhabe der Region die beiden Leistungen für Menschen mit Behinderungen der Jugendhilfe (SGB VIII) und der Eingliederungshilfe (SGB IX). Anspruch auf eine Schulbegleitung haben Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf – je nach Bedarf des leistungsberechtigten Kindes oder Jugendlichen entscheidet eine sozialpädagogische Fachkraft der Region zusammen mit den Leistungsberechtigten, dessen Sorgeberechtigten und zum Beispiel den Lehrkräften, ob der Einsatz einer einfachen, pädagogisch oder medizinisch qualifizierten Schulassistenzkraft bewilligt wird. Einfache Schulassistenzkräfte werden vorwiegend eingesetzt, wenn es beispielsweise darum geht, eine körperliche Beeinträchtigung auszugleichen. Diese Personen müssen keine besondere Qualifikation mitbringen, aber mit der erforderlichen kommunikativen und sozialen Kompetenz ausgestattet sind.
Für Schüler mit einer geistigen oder (bedrohten) seelischen Beeinträchtigung setzt die Region auf pädagogisch qualifizierte Schulassistenzkräfte. „Kinder und Jugendliche mit einer geistigen oder seelischen Beeinträchtigung brauchen meist eine fachlich fundierte Unterstützung, um die Schule nach ganz persönlicher Situation und Bedarfslage gut meistern zu können“, erklärt Rosenhahn.
Deshalb hat die Region zusammen mit der Landeshauptstadt Hannover eine Fachkraftmatrix erarbeitet, die einheitliche Qualität-Standards sichert. „Dies gibt allen freien Trägern eine klare Orientierung, wen sie einstellen können und wen nicht“, so Schulassistenz-Koordinatorin Birte Hahne von der Region. Allerdings fehlt hier das Personal. Um die Lage zu entschärfen, haben Region und Landeshauptstadt aktuell ein neues Verfahren zur Anerkennung von Schulassistenzkräften entwickelt: „Es starten jetzt einheitliche Qualifizierungskurse, sodass Bildungsträger selbst weitere Kräfte für den Einsatz als qualifizierte Schulassistenzkraft ausbilden können und sie dem Markt schneller zur Verfügung stehen“, erklärt Hahne die neuen Maßnahmen.
Bereits 2015 hat die Region Hannover das Poolmodell für Schulassistenzen eingeführt, das Bedarfe und Ressourcen besser bündelt und eine verlässlichere Betreuung der Schüler*innen mit besonderem Unterstützungsbedarf sichert. Bei diesem Modell können die Schulassistenzen grundsätzlich – je nach individuellem Bedarf – für mehrere Kinder mit Beeinträchtigung gleichermaßen zuständig sein und sich gegenseitig im Krankheitsfall vertreten. „Eine Schule, ein Anbieter, ein Schulassistenzteam – das ist der Kern des Poolmodells“, so Andrea Hanke, „wir wünschen uns, dass wir das erfolgreiche Poolmodell in der Region Hannover noch weiter ausbauen können.“