Region. Der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, hat am gestrigen Montag, 14. November, gemeinsam mit Landespolizeipräsident Axel Brockmann und dem Präsidenten des Landeskriminalamts Niedersachsen, Friedo de Vries, die Ergebnisse der vierten niedersächsischen Dunkelfeldstudie vorgestellt. Seit 2013 wird – grundsätzlich im Abstand von jeweils zwei Jahren – durch das Landeskriminalamt Niedersachsen die „Befragung zu Sicherheit und Kriminalität“ durchgeführt. Die Ergebnisse sind neben der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) eine weitere Grundlage, um die Sicherheitslage in Niedersachsen zu bewerten..
2021 wurden – wie bereits in den vorangegangenen Studien – 40.000 Bürger in Niedersachsen anonym befragt. Die Personen waren mindestens 16 Jahren alt. Der sehr hohe Rücklauf von über 17.500 Fragebögen (43,8 %) und das methodische Vorgehen lassen repräsentative Aussagen in Bezug die niedersächsische Bevölkerung nach Alter und Geschlecht zu. Die Ergebnisse lassen sich damit auf die Verhältnisse im Land und das Gebiet jeder der sechs Polizeidirektionen übertragen. Wie in den vorherigen Befragungen wurde die Kernstudie um ein Sondermodul ergänzt, das sich in diesem Fall – insbesondere vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie – den Fragen rund um das Thema „Gewalt in aktuellen und ehemaligen Partnerschaften“ als Teil der sog. Häuslichen Gewalt gewidmet hat.
Minister Pistorius: „Auch die inzwischen vierte niedersächsische Dunkelfeldstudie erlaubt uns einen wertvollen Blick auf Straftaten, die aus verschiedensten Gründen nicht angezeigt werden. Wir lernen, wovor und in welchen Situationen die Menschen gerade im öffentlichen Raum Angst haben. Gleichzeitig wird deutlich, dass die allermeisten Menschen die Polizei und ihre Arbeit wertschätzen. Wir müssen uns allerdings auch sehr kritisch damit auseinandersetzen, warum immer weniger Menschen einen Sinn darin sehen, Straftaten anzuzeigen. Die Ergebnisse des Sondermoduls zur Partnerschaftsgewalt gerade in der Corona-Zeit liefern wertvolle Erkenntnisse zu diesem Phänomen. Sie zeigen, dass wir weiter intensiv mit allen Akteurinnen und Akteuren in diesem Bereich eng zusammenarbeiten müssen, um Opfer von Beziehungsgewalt so wirksam wie möglich zu schützen. Es ist unsere Aufgabe, diese Menschen aus ihrer Situation zu befreien und die vor allem männlichen Täter konsequent zu verfolgen. Gewalt in Partnerschaften oder Ex-Partnerschaften darf niemals als Privatsache wahrgenommen werden – sie ist unter keinen Umständen zu rechtfertigen oder gar zu entschuldigen.“
Landespolizeipräsident Axel Brockmann betonte die strategische Bedeutung der Erkenntnisse aus den Dunkelfeldstudien: „Es freut mich, dass die Befragten von der Polizei und ihrer Arbeit ein ganz überwiegend gutes Bild haben. Klar ist aber auch: Wir müssen uns und unsere Arbeit immer selbstkritisch hinterfragen. Deswegen sind gerade auch die kritischeren Befunde wichtig für uns. In den Bereichen Gleichbehandlung, Vertrauenswürdigkeit und Legitimität des Handelns waren die Bewertungen in den vergangenen Jahren etwas besser als in der aktuellen Studie. Diese Entwicklungen und Wahrnehmungen nehmen wir sehr ernst und prüfen gezielte Maßnahmen. Da dürfen wir uns auch bei nach wie vor guten Zustimmungswerten nicht ausruhen.“
LKA-Präsident Friedo de Vries gab tiefere Einblicke in die Ergebnisse und stellte dar, wie essenziell es aus Sicht der Kriminalisten sei, Trends in der Kriminalitätsentwicklung zu identifizieren, zu analysieren und zu bewerten. De Vries betonte, dass die Menschen immer seltener Opfer von Straftaten werden. Die Opferrate sei im Vergleich zur letzten Erhebung deutlich gesunken – mit einer Ausnahme. Im Deliktsfeld der Sexualdelikte sei eine signifikante Zunahme festzustellen.
LKA-Präsident De Vries: „Im Vergleich zu den vorherigen Erhebungen verzeichnen wir in der diesjährigen Studie die insgesamt niedrigste Anzeigequote. Hier muss es unser Ziel sein, die Bereitschaft, Straftaten bei der Polizei anzuzeigen, dauerhaft zu erhöhen. Im digitalen Raum beobachten wir zurzeit einen genau gegensätzlichen Trend: Bei computerbezogenen Delikten ist die Anzeigebereitschaft deutlich gestiegen. Ich möchte daher an alle Bürgerinnen und Bürger appellieren: Zeigen Sie Straftaten konsequent an! Dazu können Sie entweder eine Polizeidienststelle aufsuchen oder die Online-Wache nutzen.“
Das digitale Angebot findet sich unter https://www.onlinewache.polizei.niedersachsen.de/
Im Vergleich zu den vergangenen Jahren nimmt die allgemeine Kriminalitätsfurcht signifikant weiter ab. Eine weitere Erkenntnis sei aber auch, dass insbesondere bei denjenigen Bürgerinnen und Bürgern die Kriminalitätsfurcht am größten sei, wenn sie zuvor bereits Opfer einer Straftat geworden sind. „Insgesamt zeichnen die Daten ein Bild, dass sich die Menschen in Niedersachsen sicher fühlen. Aber natürlich gibt es Unterschiede, z. B. mit Blick auf die persönliche Lebenssituation, den Wohnort und das eigene Erleben“, erklärt de Vries weiter.
Als besonders erfreulich stellt die Studie heraus, dass die Zahl der Befragten, die angaben, Opfer einer Straftat geworden zu sein, im Vergleich zu den Vorjahren wieder rückläufig ist (2021: 29,6 Prozent).