In Hemmingen sind 37 Vorfälle gegen Frauen bekannt

Hemmingen.

Statistisch betrachtet stirbt an jedem dritten Tag in Deutschland eine Frau durch die Tat ihres Partners oder Ex-Partners. Umgerechnet alle 45 Minuten wird eine Frau durch ihren Partner verletzt oder angegriffen. Vier von fünf Gewaltopfern in Beziehungen sind weiblich.

„Diese Zahlen sind erschreckend und fordern zum Handeln auf, zumal von einem erheblich höheren Dunkelfeld ausgegangen werden muss“ kommentiert die Hemminger Gleichstellungsbeauftragte Diana Sandvoß die Situation. So sind die bundesweit seit Jahren ansteigenden Zahlen einer der Gründe, warum sich der Runde Tisch gegen häusliche und sexuelle Gewalt Hemmingen/Pattensen vor zehn Jahren gegründet hat. Seine Mitglieder aus Beratungsstellen, Polizei, Verwaltung und Zivilgesellschaft setzen sich seitdem dafür ein, dass das Thema Häusliche Gewalt auf örtlicher Ebene stärker ins Bewusstsein gerückt wird sowie Hilfsangebote besser vernetzt und ausgebaut werden. Jährlich nutzt das Gremium den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November, um mit einer Fahne vor den Rathäusern auf diesen Missstand aufmerksam zu machen und auf die Geschehnisse des Jahres zu blicken.

Ein erfreuliches Ereignis sehen die Mitglieder des Runden Tisches in der Stärkung der zuständigen Frauenberatungsstelle Donna Clara in Laatzen. So wurde dank positiven Votums beider Räte die Fördersumme der Kommunen Pattensen und Hemmingen an die Beratungsstelle erhöht und zunächst bis Ende 2022 festgeschrieben.

So war es auch die Mitarbeiterin von Donna Clara, Silvia Eckstein, die das Gremium zu dessen diesjährigen Arbeitsschwerpunkt auf den aktuellen Sachstand gebracht hat. Sie referierte bei einer Sitzung über die zahlreichen Facetten von Gewalt, bei denen Jugendliche die Opfer sind. So bleibt die Gewalt gegenüber einem Elternteil den meisten Kindern nicht verborgen und kann schwerwiegende Folgen für ihre Entwicklung haben. Teilweise sind Kinder selbst die Opfer von Misshandlung. Auch in Teenagerbeziehungen kann Gewalt eine Rolle spielen. So haben laut Eckstein Studien zufolge zwei Drittel der Mädchen und Jungen bereits mindestens einmal eine Grenzüberschreitung oder Gewalt in der Partnerschaft erlebt. Ein besonderes Feld bei Jugendlichen ist die digitale Gewalt, die sich vorrangig in den sozialen Netzwerken abspielt. Eckstein klärte die Mitglieder des Runden Tisches über die Gefahren von Cybermobbing, Hate speech, Sextorsion oder auch Cybergrooming auf. „Wir sind uns einig, dass wir auf die Aufklärung und Prävention von Gewalt unter Jugendlichen zukünftig ein besonderes Augenmerk legen müssen“ resümiert Sandvoß.

Ein Anstieg der Fälle häuslicher Gewalt durch die Corona-Pandemie wird allseits vermutet, konnte von den Mitgliedern des Runden Tisches bisher jedoch nicht offiziell bestätigt werden. „In Hemmingen haben wir in 2020 bisher 37 Vorfälle registriert. Dies sind vier mehr als im Vorjahr“ berichtet Andreas Kasten von der Polizeistation Hemmingen. Sabine Porth von der Opferhilfsorganisation WEISSER RING stellt ebenfalls fest: "Im Bereich Hemmingen und Pattensen gab es im bisherigen Jahr 2020 von den von uns betreuten zehn Opferfällen keinen von häuslicher und sexueller Gewalt. Ebenso war es im gesamten Jahr 2019. Im restlichen Tätigkeitsgebiet unserer Außenstelle -Region Hannover ohne Stadt- waren im Vorjahr ebenso wie 2020 bis jetzt zwölf Fälle von häuslicher und sexueller Gewalt zu betreuen."

Auch wenn die Zahlen es aktuell noch nicht zeigen, so geht das Gremium doch von einer Zunahme häuslicher Gewalt aus. Die Pandemie erweise sich als Brennglas für bereits bestehende Problemlagen. „Die aktuellen Einschränkungen verschlimmern die Situation der von häuslicher Gewalt Betroffenen. So sind durch die Beschränkungen des öffentlichen Lebens viele Paare gleichsam auf sich selbst zurückgeworfen worden. Drohender Arbeitsplatzverlust, Kurzarbeit und vermehrte Kinderbetreuung führen zu Mehrbelastung“ führt Eckstein aus, „Hinzu kommen Sorgen um die Gesundheit und Zukunftsängste. All dies lässt Konflikte in Beziehung entstehen oder sich verschärfen, die nicht selten in Gewalt eskalieren.“ Die Berichte von Frauen, die den Weg zu ihr in die Beratungsstelle gefunden haben, bestätigen diese Annahme. Ähnliches berichtet Susanne Giese, Mitarbeitern des Sozialen Dienstes der Stadt Hemmingen: „Insgesamt hat der Beratungsbedarf zugenommen. Das liegt sicher auch daran, dass viele Behörden und Institutionen während der Corona Pandemie geschlossen sind oder nur eingeschränkt geöffnet haben. In diesem Jahr haben auffällig viele geflüchtete Frauen eine Beratung wegen Trennung nachgefragt. Bei den meisten spielte häusliche Gewalt eine Rolle. Der angespannte Wohnungsmarkt macht es den Männern in diesen Fällen oft sehr schwer eine neue Unterkunft zu finden.“

Betroffene oder Ratsuchende erreichen sie unter folgenden Kontaktdaten:

Frauenzentrum Laatzen

Beratungsstelle Donna Clara

Hildesheimer Str. 85

30880 Laatzen

Telefon:0511-89885820

E-Mail info(at)frauenzentrum-laatzen.de