Region. Die VHS Calenberger Land hat in ihrer Geschäftsstelle in Barsinghausen einen Integrationsfachtermin durchgeführt. Hier kamen Migranten, Verwaltungsfachleute und Politiker zum Thema Integrationsförderung und -hemmnisse ins Gespräch. Neben Frustrationen, waren vor allem zukünftige Formate zum Gelingen der Integration Thema..
Der Bedarf an Integrations- und Sprachkursen sei ungebrochen groß, erklärte Kersten Prasuhn, Geschäftsführer der VHS Calenberger Land. Jedoch sei nach Corona eine große Versorgungslücke im Bereich der verfügbaren Dozenten entstanden. Derzeit liegen die Flüchtlingszahlen wieder auf einem hohen Niveau, weshalb auch in Zukunft ein hoher Bedarf an entsprechenden Kursen notwendig sei, um die Menschen zu integrieren, auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel, müssten Migranten schnell für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Eine gesellschaftliche Aufgabe, an der sich die VHS gerne beteilige, so Prasuhn.
Doch leisten die Kurse der VHS Integrationsarbeit? Diese Frage stellte Prasuhn in die Runde und bekam Antwort von Kursteilnehmern. So sei die Arbeit in den Anfängerkursen sehr gut, für die weiterführenden Deutschkurse wünschten sich die Teilnehmer mehr Bezug auf die Arbeitswelt. Dies sei aufgrund der umfangreichen Prüfungsvorbereitungen schwierig, jedoch hat die VHS bereits erste Ideen, um Migranten und Betriebe zusammenzuführen.
Ausbildungen werden nicht anerkannt
„Arbeit ist Teil der Integration in eine Gesellschaft. Sie hilft, um in einem neuen Land anzukommen“, so Prasuhn. Doch auch Vereine spielten eine große Rolle. „Wer sich ehrenamtlich in einem Verein engagiert, ist nachweislich schneller integriert“, so der Landtagsabgeordnete Brian Baatzsch (SPD). Landtagsabgeordnete Claudia Schüßler (SPD) erklärte, dass die Politik planen und Geld verteilen könne, aber oft die direkten Ergebnisse dieser Arbeit nicht mehr mitbekomme, weshalb sie den Termin sehr begrüßte. „Alle Bundesmittel wurden gestrichen, weshalb das Land Niedersachsen nun 10 Millionen Euro aus eigenen Mitteln in die Integrationsarbeit stecke.“ Der Dozentenmangel sei ein großes Problem, dies fand auch Frank Berendt, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Eine Lösung könnte sein, dass Kurse teilweise Online angeboten würden. Eine Sprachausbildung innerhalb des Jobs habe seiner Erfahrung nach noch nie wirklich funktioniert. Sprache müsse systematisch von gutem Personal gelehrt werden, erst dann sei der Schritt in den Beruf realistisch, gerade bei anspruchsvollen Berufen. Außerdem sei das Sprechen nur eine Seite. Das schriftliche Verstehen müsse ebenfalls erlernt werden, um sich in ein Land integrieren zu können. Eine weitere Idee könnte sein, wenn Berufspraktika innerhalb der Sprachkurse angeboten werden könnten. Die VHS hatte bereits ein Konzept eines Speeddatings zwischen Migranten und Betrieben ausgearbeitet – zu einer Umsetzung kam es bislang noch nicht.
Frust auf beiden Seiten
Ein weiteres Problem für die Migranten sei, dass Berufsabschlüsse aus dem Ausland in Deutschland oft nicht anerkannt werden. Dies helfe beim Fachkräftemangel nicht. Ein Kursteilnehmer mit abgeschlossenem Hochschulabschluss und Berufserfahrung als Ingenieur arbeitet nun im Gartenbau. Ein Teilnehmer hat Bachelor und Masterabschluss aus Malaysien, hat nun aber nur Arbeit in einem Schnellrestaurant bekommen. Dies sei für die Migranten sehr frustrierend, so die Expertenrunde. Frustrierend sei auch der Wohnungsmangel, weshalb viele Migranten lange in den Sammelunterkünften verbleiben müssten. Auch dies helfe nicht bei der Integration. Der Mangel an Kitaplätzen führe dazu, dass Kinder der Migranten erst in der Schule mit der deutschen Sprache in Kontakt kämen. Dabei sei es in jungen Jahren besonders einfach eine Sprache zu lernen. Gleichzeitig sei die aufnehmende Gesellschaft frustriert, da sehr viel Geld für die Flüchtlingssituation ausgegeben werde, anstatt für andere Dinge.
Neue Formate mit mehr Akteuren
Für Kersten Prasuhn ist daher klar, die VHS muss sich dem Thema weiter annehmen. Bei weiteren Gesprächsrunden solle auch das Jobcenter und Vereine eingeladen werden. Außerdem möchte die VHS die Wirtschaftsförderungen der Kommunen ansprechen, um Wirtschaft und ausgebildete Migranten schon aus den Sprachkursen heraus in Kontakt zu bringen. Auch dürften die Migranten selbst auf die VHS zukommen, um Ideen für eine bessere Integration einzubringen, denn klar sei, allein schaffe dieses weite und wichtige Thema niemand.