Region. Im Jahr 2022 wurden in Niedersachsen insgesamt 17.448 Gefährdungseinschätzungen durch die Jugendämter vorgenommen. Wie das Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) mitteilt, entspricht dies einem Anstieg um 1,7% im Vergleich zum Vorjahr (17.164 Verfahren). Insgesamt nahm die Zahl der (akuten und latenten) Kindeswohlgefährdungen um 8,5% ab. Hingegen stieg die Zahl der Einschätzungen, bei denen keine Gefährdung festgestellt wurde, um 5,1%..
Im Jahr 2022 wurde bei 1.979 Kindern (11,3% der Gefährdungseinschätzungen) eine akute Kindeswohlgefährdung festgestellt. Anzeichen gab es unter anderem für die Vernachlässigung des Kindes (1.169 Fälle) oder eine körperliche Misshandlung (660 Fälle). Die Jugendämter sind gehalten, alle zutreffenden Arten der Kindeswohlgefährdung anzugeben, so dass hier Mehrfachnennungen möglich sind. Im Jahr 2021 wurde in 2.019 Fällen eine akute Kindeswohlgefährdung registriert. Im Vergleich zum Vorjahr gab es 2022 dementsprechend 2% weniger Fälle akuter Kindeswohlgefährdungen.
Eine latente Kindeswohlgefährdung war 2022 bei 2.001 Kindern (11,5% der Gefährdungseinschätzungen) das Ergebnis der jugendamtlichen Prüfung auf Kindeswohlgefährdung. Hier wurden in 1.232 Fällen Anzeichen von Vernachlässigung erkannt. Eine psychische Misshandlung des Kindes wurde in 598 Verfahren festgestellt. Im Jahr 2021 schlossen 2.331 Verfahren mit dem Ergebnis ab, dass eine latente Kindeswohlgefährdung vorlag. Im Vergleich zum Vorjahr gab es 2022 damit 14,2% weniger latente Kindeswohlgefährdungen.
Insgesamt erkannten die Jugendämter bei 3.980 Kindern eine akute beziehungsweise latente Kindeswohlgefährdung an. Dies entspricht 22,8% aller Gefährdungseinschätzungen, die von Jugendämtern 2022 durchgeführt wurden. Bei den verbleibenden 13.468 Fällen (77,2%) wurde keine Kindeswohlgefährdung festgestellt. Jedoch zeigte sich in 6.175 Verfahren ein Hilfe- oder Unterstützungsbedarf. Ein Jahr zuvor wurde in 5.762 Fällen ein Hilfe- oder Unterstützungsbedarf festgestellt. Damit gab es einen Anstieg um +7,2% im Vergleich zum Vorjahr.
Hierzu ein Statement von Sozial-Staatssekretärin Christine Arbogast:
„Jedes Kind und jeder Jugendliche hat ein Recht darauf geschützt und ohne den Einfluss von Gewalt aufzuwachsen. Aufgabe der Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtigten ist es, ihre Kinder vor Gefahren zu schützen. So steht es schon in unserem Grundgesetz. Gleichwohl geht der Schutz junger Menschen unsere gesamte Gesellschaft an und muss für jede und jeden von uns oberste Priorität haben.
In den vergangenen Jahren gab es beispielsweise mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz oder dem Gesetz auf Kooperation und Information im Kinderschutz eine Reihe an rechtlichen Verbesserungen. Und, die Menschen werden zunehmend sensibler, achten auf ihr Umfeld und wenden sich mit einem Verdacht oder Hinweis, dass ein Kind gefährdet sein könnte, deutlich häufiger bei den Behörden als das dies vielleicht in früheren Zeiten der Fall war. Das zeigen uns die heute veröffentlichen Zahlen. Die Anzahl der Gefährdungsmeldungen steigen, die Anzahl an tatsächlichen Kindeswohlgefährdungen bleibt tatsächlich recht konstant.
Ich möchte heute Jede und Jeden ermutigen, sei es im direkten sozialen, im medizinischen oder erzieherischen Umfeld: es ist richtig und wichtig, jedem vielleicht noch so kleinen Verdacht nachzugehen. Dafür braucht es sicher manchmal Mut – für den ich Ihnen sehr herzlich danke - ,aber auch verlässliche Strukturen und Informationen, an wen ich mich mit meinem Verdacht werden kann.
In Niedersachsen verfügen wir über ein breites Netz an Stellen, die betroffenen Kindern und Jugendlichen gleichermaßen wie meldenden Personen Hilfe anbieten, die eingreifen und notwendige Maßnahmen zum Schutz der jungen Menschen ergreifen. Wir sind in Niedersachsen dank der guten Arbeit der Fachkräfte in den Jugendämtern, sowie in 22 flächendeckend vorhandenen Beratungsstellen und in den aktuell fünf Kinderschutzzentren gut aufgestellt. Aber die Zahlen zeigen auch, es darf kein Nachlassen geben. Deshalb erarbeiten wir aktuell in Niedersachsen eine Kinderschutzstrategie, um das Ineinandergreifen aller Gesellschaftsbereiche im Kinderschutz kontinuierlich zu verbessern. Und wir bauen unsere Angebote beispielsweise mit der kürzlich gestarteten Kinderschutzambulanz in Rotenburg oder dem geplanten Kinderschutzzentrum Braunschweig aus. Ihnen möchte ich an dieser Stelle danken für ihre wichtige und schwierige Arbeit im Kinder- und Jugendschutz.“