Region. Die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens, hat am 7. Juni gemeinsam mit Landespolizeipräsident Axel Brockmann im Rahmen eines Presseabends erstmalig das „Lagebild Cybercrime“ für Niedersachsen vorgestellt und Einblicke in die vielfältigen Facetten und Herausforderungen in den Themengebieten Cybercrime und Cybersicherheit gegeben. Erfahrene Ermittler aus Hannover und Oldenburg präsentierten darüber hinaus Beispiele von besonders anspruchsvollen und aufwendigen Ermittlungen aus diesem Deliktsbereich..
Im Jahr 2022 registrierte die Niedersächsische Polizei 12.197 Cybercrime-Fälle, das bedeutet einen Anstieg um 45 Prozent in den vergangenen fünf Jahren. Laut der Dunkelfeldstudie des Landeskriminalamtes Niedersachsen wurden jedoch lediglich 19,5 Prozent aller computerbezogenen Straftaten überhaupt angezeigt. Die Polizeiliche Kriminalstatistik kann zudem einen wesentlichen Teil feststellbarer Taten nicht abbilden, weil die Festlegung des Handlungsortes der Täterinnen und Täter in Deutschland oftmals nicht möglich ist.
Ministerin Behrens sagte: „Cybercrime ist zu einer ernsthaften Gefahr geworden, die uns alle betrifft. Soziale Medien und digitale Technologien haben unseren Alltag fest im Griff. Das bringt zweifelsohne viele Vorteile mit sich, wir dürfen aber auch die Schattenseiten nicht ignorieren.“
So hat es im vergangenen Jahr beispielsweise unter anderem einen eklatanten Anstieg der Fallzahlen bei Angriffen auf das Onlinebanking gegeben, die zu einer Schadenssumme von insgesamt 13,5 Millionen Euro führten. 2021 waren es noch 10,5 Millionen Euro.
„Neue Gefahrenpotentiale von Cybersabotage über Cyberaktivismus bis hin zu Cyberspionage oder sogar Cyberterrorismus sind allgegenwärtig und stellen unsere Sicherheitsbehörden vor neue Herausforderungen“, so Behrens. „Beliebte Ziele sind hierbei Betreiber von Einrichtungen, die zur kritischen Infrastruktur (KRITIS) zählen, aber auch Landes- und Kommunalverwaltungen. Präventiver Schutz vor Cyberangriffen hat hierbei die höchste Priorität. Dazu brauchen wir moderne Technik, wirksame organisatorische Maßnahmen und eine kontinuierliche Sensibilisierung der Beschäftigten. Die Expertinnen und Experten der niedersächsischen Polizei begleiten Behörden und Betreiber von KRITIS bei dem Ausbau ihrer Schutzmaßnahmen und stärken unser Land vor Einflussmaßnahmen von außerhalb. Um auch weiterhin effektiv gegen Cyber-Bedrohungen vorzugehen, müssen Regierungen, Strafverfolgungsbehörden, Unternehmen, die Wissenschaft und die Zivilgesellschaft noch enger zusammenrücken und stärker miteinander kooperieren. Nur durch den gemeinsamen Austausch von Informationen, bewährten Verfahren und Ressourcen können wir die Cyberkriminalität effektiv bekämpfen.“
Die niedersächsische Polizei registrierte im vergangenen Jahr insgesamt 5.488 Fälle im Bereich der Kinder- und Jugendpornografie. Der Großteil davon entfiel dabei auf 4.702 Fälle der Kinderpornografie, eine Steigerung um rund 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr (3.632 Fälle). Die Fallzahlensteigerungen sind das Resultat einer deutlicheren Sensibilisierung der Bevölkerung sowie der Netzwerkbetreiber gegenüber Kinder- und Jungendgefährdung. All dies wirkt sich positiv auf die Verkleinerung des zuletzt noch hohen Dunkelfeldes aus und führt Stück für Stück zu einer Reduzierung des unfassbaren Leids, dem viele Kinder immer noch täglich ausgesetzt sind.
Dazu Landespolizeipräsident Axel Brockmann: „Nach dem Bekanntwerden einer strafbaren Verbreitungshandlung folgen Ermittlungsmaßnahmen, bei denen in der Mehrheit der Fälle wiederum zahlreiche neue kinderpornografische Inhalte sichergestellt werden und die zumeist zu weiteren Tatverdächtigen führen. Es erinnert ein wenig an die Hydra. Für jeden Kopf den wir abschlagen, wachsen zwei neue nach. Cybercrime ist eines der sich am dynamischsten verändernden Kriminalitätsphänomene. Täter passen sich flexibel an technische und gesellschaftliche Entwicklungen an, vielfach gibt es internationale Bezüge. Dieses Kriminalitätsphänomen stellt eine große Bedrohung für den Staat, die Zivilgesellschaft und die Wirtschaft dar. Nur wenn die Delikte bekannt werden ist es der Polizei möglich, Täterinnen und Täter zu ermitteln, die Phänomene effektiv zu bekämpfen und präventive Strategien und Maßnahmen dagegen zu entwickeln. Daher ist es von großer Bedeutung, die Taten nach ihrer Entdeckung anzuzeigen.“
Zum Hintergrund:
Cyberkriminelle entwickeln ständig neue Methoden, um ihre Ziele zu erreichen. Unternehmen und Organisationen sowie die Verwaltungen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene müssen ihre Sicherheitsmaßnahmen deshalb kontinuierlich verbessern und sich gegen eine ständig verändernde Bedrohungslage wappnen. Die Landesregierung hat zahlreiche technische und organisatorische Maßnahmen umgesetzt, um die Behörden der Landesverwaltung angemessen vor Cyberangriffen zu schützen. Zudem bietet das Land vielfältige Informations- und Unterstützungsangebote für die niedersächsischen Kommunen an. Cyberbedrohungen machen nicht vor Ländergrenzen halt und betreffen gleichermaßen die Menschen, die Wirtschaft, Staat und Verwaltung. Deshalb muss die Eindämmung von Cyber-Angriffen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden.