Hannover/Region. Erstmalig seit 2019 ist die Unterrichtsversorgung an den öffentlichen allgemein bildenden Schulen in Niedersachsen im Vergleich zum Vorjahr nicht schlechter geworden. Vielmehr ist es gelungen, die Unterrichtsversorgung nicht nur auf einem stabilen Niveau zu halten, sondern sie sogar leicht zu steigern. Zum Statistikstichtag im 1. Schulhalbjahr 2023/2024 am 31.08.2023 erreicht sie einen landesweiten schulformübergreifenden Durchschnittswert von 96,9 Prozent (Schuljahr 2022/2023: 96,3 Prozent)..
Verbessert werden konnte auch die „Lehrer-Schüler-Relation", diese gibt an, wie viele Lehrerstunden tatsächlich bei den Schülerinnen und Schülern ankommen. Dieser Wert liegt bei 1,673 im Schuljahr 2023/2024 und damit leicht über dem Vorjahreswert (2022: 1,656). Sie ist Ausdruck für die Qualitätssteigerungen an den Schulen. Die „Lehrer-Schüler-Relation" liegt somit deutlich über dem Vergleichswert von 1,550 aus dem Schuljahr 2012; damals betrug die rechnerische Unterrichtsversorgung sogar 102 Prozent.
Die Unterrichtsversorgung konnte im laufenden Schuljahr trotz der erneut gestiegenen Anzahl von Schülerinnen und Schülern auf nun insgesamt 821.376 an den öffentlichen allgemein bildenden Schulen gehalten werden - das sind 8.964 mehr Kinder und Jugendliche als im Vergleich zum Vorjahr. Ebenso weiter angestiegen sind die Zusatzbedarfe an den Schulen - also jene Stunden, die zusätzlich zur Erteilung der sogenannten Pflicht-Stundentafel und der Poolstunden zugewiesen werden sollen. Denn zu guter Schule gehören selbstverständlich Inklusion, gute Ganztagsschule, Sprachförderung sowie Sozialarbeit dazu.
Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg betont: „Die beschlossenen Qualitätsverbesserungen sind ebenso wie die zunehmende Heterogenität an unseren Schulen mit Blick auf die Unterrichtsversorgung herausfordernd. Sie bleiben aber richtige Entscheidungen, um Schule zukunftsfähig aufzustellen. Die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarf sowie die ganztägige Bildung erfordern gleichermaßen Lehrkräftestunden und sind aus der Schule zurecht nicht wegzudenken."
Die bessere Unterrichtsversorgung im Schuljahr 2023/2024 ist unter anderem auf erneut gute Einstellungsdurchgänge zurückzuführen. „Wir haben wieder mehr Lehrkräfte einstellen können, als aus dem aktiven Schuldienst ausgetreten sind. Im Kalenderjahr 2023 konnten wir insgesamt 2.563 Lehrkräfte neu dazugewinnen - das sind rund 400 mehr als in Pension gegangen sind", erläutert Hamburg. Hinzu kommen freiwillige kurzfristige Teilzeiterhöhungen sowie die Weiterbeschäftigung von angehenden Lehrkräfte-Pensionären sowie das Auslaufen der Corona-Maßnahmen für schwangere Lehrkräfte. Auch die anstehende Besoldungserhöhung der Lehrämter für Grund-, Haupt- und Realschule auf A 13 ab August dieses Jahres sowie die Anhebung für Fachpraxislehrkräfte auf A 10 scheinen erste Wirkung zu entfalten - so berichten bereits heute viele junge Lehrkräfte, nach dem Vorbereitungsdienst in Niedersachsen bleiben zu wollen. „Auch wenn dem Abwärtstrend in diesem Schuljahr begegnet werden konnte, bedeutet das weiterhin, dass die Schulen in Niedersachsen zum Teil vor extrem herausfordernden Personalversorgungssituationen stehen. Wir stehen zudem am Anfang einer Entwicklung des Fachkräftemangels in der Gesellschaft - insofern werden wir weiter mit der Schulpraxis daran arbeiten, dem Fachkräftemangel zu begegnen", so die Ministerin.
Das Land Niedersachsen hat die Mittel zur Beschäftigung von Vertretungslehrkräften an den öffentlichen allgemein bildenden Schulen im Haushaltsjahr 2024 erhöht - auch in diesem Jahr stehen dafür mehr als 40 Millionen Euro zur Verfügung. Weitere Mittel für zusätzliches lehrendes Personal im Umfang von 200 VZE hatte das Land im 1. Schulhalbjahr bereitgestellt, um insbesondere Lehramtsstudierende in die Schulen zu holen - die Gelder wurden vollständig ausgeschöpft. Für das kommende 2. Halbjahr stehen weitere 150 VZE für befristete Personalmaßnahmen zur Verfügung. Neben Lehrkräften setzt das Land zudem immer mehr nichtlehrendes Personal an Schulen ein. Auch hier wurde ein neuer Höchststand erreicht: rund 17.100 Beschäftigte Mitte 2023, die jede Woche gut 235.000 Arbeitsstunden leisten.
„Mit all diesen Maßnahmen sowie dem Ausbau multiprofessioneller Teams reagieren wir auf die vielen Herausforderungen an Schulen", betont Niedersachsens Kultusministerin. „Die Stabilisierung der Unterrichtsversorgung ist hierbei das Ergebnis vieler ergriffener Maßnahmen. Um den Entwicklungen weiter begegnen zu können, braucht es weitere Schritte und ein konsequentes Nachsteuern. Wir werden den Weg der 1.000 Schritte deshalb konsequent weitergehen. Die Herausforderungen sind und bleiben groß. Ich danke den Schulen, den Regionalen Landesämtern für Schule und Bildung sowie dem Kultusministerium für das große Engagement und den Ideenreichtum, die Situation für die Kinder und Jugendlichen bestmöglich zu gestalten. Wie ich schon einmal gesagt habe: Dieser Weg ist kein Sprint, das ist ein Marathon."
Und das ist im nächsten Schulhalbjahr geplant:
Das Einstellungsverfahren bleibt weiterhin eine der wichtigsten Säulen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Als Zwischenstand im laufenden Lehrkräfteeinstellungsverfahren zum 2. Schulhalbjahr 2023/2024 teilt die Ministerin mit, dass rund 74,6 Prozent der ausgeschriebenen Stellen besetzt seien (rund 879 von 1.178). Hamburg sagt zur aktuellen Einstellungsrunde: „Wir würden gerne alle zur Verfügung stehenden Stellen besetzen, um die Schulen zu unterstützen. Das Einstellungsverfahren bleibt daher über den 01.02.2024 geöffnet."
Auch beim Quereinstieg bessert Niedersachsen nach: In Kürze soll ein „Self Assessment Diagnosetool" den Testbetrieb aufnehmen. Mit dem Diagnoseinstrument können Interessierte selber überprüfen, ob sie den Anforderungen einer Lehrkräftetätigkeit entsprechen würden. Ebenso wird das Anerkennungsverfahren weiter optimiert und verbessert; hierfür stockt das Land unter anderem das Personal in der Anerkennungsstelle für den Quereinstieg und für die im Ausland erworbenen Abschlüsse auf.
Auch die Gesunderhaltung des Bestandspersonals ist ein großes Anliegen. Zur Unterstützung von Beschäftigten in Schulen und Studienseminaren, die sich in einer gesundheitsbelastenden Situation befinden oder von einer längerfristigen Erkrankung bedroht sind, steht daher seit einiger Zeit das CARE-Angebot zur Verfügung (CARE steht für Chancen Auf Rückkehr Ermöglichen). Das Land verstärkt die CARE-Beratungsstellen (Psychosoziale Beratung) und die Arbeitspsychologie in den Regionalen Landesämtern für Schule und Bildung. Es wird dauerhaft 4 VZE im Bereich CARE sowie 3 Stellen im Bereich der Arbeitspsychologie geben.
Außerdem geht das Präventionsprogramm „Stark starten - Bildung gesund gestalten" im Frühjahr wieder an den Start. Wegen der Corona-Pandemie musste das Programm kurz nach seinem Start abgebrochen werden. Es richtet sich speziell an Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger und soll sie bei den vielfältigen Anforderungen in der Schule unterstützen und so ihre Motivation und Freude am Beruf erhalten.
Zu den BBS:
Im Bereich der berufsbildenden Schulen wurden im abgelaufenen Kalenderjahr 2023 insgesamt 471 Lehrkräfte neu eingestellt (Vorjahr: 470), zeitgleich gingen mit insgesamt 357 Lehrkräften deutlich weniger in Pension (Vorjahr: 410). Der Überhang ist zugleich dringend erforderlich: Allein in der Berufseinstiegsschule ist die Anzahl an Schülerinnen und Schülern um rund 1600 (14,3 Prozent) gestiegen. Gründe dafür sind unter anderem die Migrations- und Fluchtbewegung.
Deshalb legt Kultusministerin Hamburg einen deutlichen Fokus auf den Auf- und Ausbau multiprofessioneller Teams an den BBS. „Viele dieser Lernenden haben aufgrund unterschiedlichster, oft herausfordernder Lebenssituationen einen enormen Unterstützungsbedarf. Daher freue ich mich besonders, dass wir den BBS zusätzlich 100 unbefristete Beschäftigungsmöglichkeiten im Bereich der pädagogischen Mitarbeit ermöglichen können. Das ist ein erster wichtiger Schritt hin zu mehr Multiprofessionalität und eine wichtige Maßnahme, damit die Integration junger Menschen in die Lebens- und Berufswelt gelingen kann", so Hamburg.
Ergänzende Informationen zur Unterrichtsversorgung:
Wie oben erwähnt, erreicht die Unterrichtsversorgung an den öffentlichen allgemein bildenden Schulen zum Stichtag 31.08.2023 im 1. Schulhalbjahr 2023/2024 einen landesweiten schulformübergreifenden Durchschnittswert von 96,9 Prozent.
Und so teilen sich die Werte nach Schulformen auf:
- Gymnasium 99,6 Prozent (Schuljahr 2022: 98,2 Prozent)
- Grundschulen 98,7 Prozent (Schuljahr 2022: 98,8 Prozent)
- Gesamtschulen 96,0 Prozent (Schuljahr 2022: 95,0 Prozent)
- Realschulen 95,2 Prozent (Schuljahr 2022: 94,7 Prozent)
- Oberschulen 93,4 Prozent (Schuljahr 2022: 93,1 Prozent)
- Hauptschulen 92,1 Prozent (Schuljahr 2022: 91,8 Prozent)
- Förderschulen 91,6 Prozent (Schuljahr 2022: 91,2 Prozent)