Region. Die Bewertung der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Mathematik wird generell um einen Notenpunkt angehoben. „Die diesjährigen Mathematik-Klausuren waren zu bewältigen – aber von den meisten Prüflingen nicht in der dafür vorgesehenen Zeit“, erklärte Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne am heutigen Freitag in Hannover. .
Der Entscheidung vorausgegangen war eine mehrschrittige Evaluation des diesjährigen Verlaufs der Abiturklausuren: Das Kultusministerium hatte analysiert, ob sich signifikante Abweichungen der Klausurergebnisse vom Vorjahr beziehungsweise den Vornoten abzeichnen und hierfür die Erstkorrekturen der Klausuren aller rund 16.300 Prüflinge im Fach Mathematik ausgewertet. Darüber hinaus wurden Stellungnahmen der Fachkommission Mathematik, eines weiteren Experten für die Aufgabenerstellung im Fach Mathematik, sowie des Verbands zur Förderung des MINT-Unterrichts (MNU) einbezogen.
Die umfassende Auswertung des Rücklaufs der Erstkorrekturen zeigt, dass der vorläufige Durchschnitt der schriftlichen Abiturprüfungen im Fach Mathematik über alle Schulformen und Anforderungsniveaus im Jahr 2022 bei 6,4 Notenpunkten gegenüber 7,5 im Jahr 2021 liegt. Festgestellt wurde zudem eine signifikante Abweichung von 0,6 Notenpunkten gegenüber den Vorabiturklausuren. Auf grundlegendem Anforderungsniveau zeichnet sich ein Durchschnitt von 5,4 Notenpunkten ab, auf erhöhtem Anforderungsniveau ein Durchschnitt von 6,8 Notenpunkten.
Die Fach- und Experteneinschätzungen kommen zu dem Schluss, dass die Aufgabenstellungen inhaltlich zwar voll im Einklang mit den Standards und vom Schwierigkeitsgrad her angemessen gewesen seien. Allerdings wird ein zu großer Zeitbedarf für das Lösen der Aufgaben beziehungsweise der zu hohe Umfang der Prüfungsaufgaben moniert.
Kultusminister Tonne sprach von „ausreichend objektiven Gründen, um zu handeln und eine generelle Anhebung der Bewertung der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Mathematik um einen Notenpunkt“ vorzunehmen. Diesen Schritt halte er auch deshalb für richtig, „weil alle Prüflinge mit dem Zeitmangel zu kämpfen hatten. Die Anhebung ist gleichermaßen fair wie angemessen“, so der Minister.
Da im Prüfungsjahr 2022 dieselben Rahmenbedingungen gegolten hätten wie im Jahr zuvor, gelte es, das Mathematik-Abitur des Jahres 2022 einer eingehenden Nachbearbeitung zu unterziehen, um herauszufinden, an welcher Stelle es gehakt habe. Zudem sei festzustellen, dass es „regelmäßig, ausschließlich und länderübergreifend in Mathematik zu Klagen und Kritik kommt. Das muss und das wird erneut Konsequenzen haben.“ Tonne weiter: „Vor allem die den Ländern aus dem Aufgabenpool zur Verfügung gestellten Aufgaben respektive deren Verdichtung ist zu hinterfragen. Der Umfang der von den Schülern zu erbringenden Leistungen, die in den entsprechenden Vereinbarungen zum Zentralabitur vorgesehen sind, ist zu hoch und bedarf einer Anpassung. Diese Debatte werden wir fachlich und politisch innerhalb der KMK führen.“
Zudem wird es im Abitur 2023 niedersachsenspezifische Ableitungen geben:
- Die Prüflinge im schriftlichen Abitur werden 30 Minuten mehr Zeit erhalten.
- Der Umfang der von den Prüflingen erwarteten Leistungen wird reduziert.
- Die Qualitätskontrollen bei der Aufgabenerstellung werden überprüft und ggf. abgeändert. Insbesondere das Verfahren der „Testrechungen“ der Aufgaben steht auf dem Prüfstand.
- Aufgabenformate sollen dergestalt angepasst werden, dass Teilaufgaben auch unabhängig voneinander zu bearbeiten und zu lösen sind. Der Hinweis, dass es Teilaufgaben gab, die nicht unabhängig von der erfolgreichen Bearbeitung anderer Teilaufgaben gelöst werden konnten wegen fehlender Zwischenergebnisse, soll in Zukunft Berücksichtigung finden. Das gilt insbesondere mit Blick auf die nicht zufriedenstellenden Ergebnisse im grundlegenden Anforderungsniveau.
Weitere Konsequenzen für das Fach Mathematik und insbesondere die schriftliche Abiturprüfung stehen unter Vorbehalt einer intensiven Auswertung der Gesamtlage im Anschluss an die finalen Abiturergebnisse.
Kultusminister Tonne:
„Wir sind mit dem Thema noch nicht am Ende. Es muss neues Vertrauen in die Mathematik-Prüfungen entstehen. Schon jetzt hat Mathematik bei vielen Schülerinnen und Schülern einen schlechten Stand und gilt als zu schwierig. Das können wir uns aber nicht leisten: Gerade wenn wir den kommenden Schülergenerationen einen Mathematikunterricht auf hohem Niveau und an zeitgemäßer Pädagogik ausgerichtet anbieten wollen, brauchen wir viele junge Menschen, die sich für das Fach begeistern, es lernen und lehren möchten. Daher werden wir uns dieses spannende Fach grundsätzlich vornehmen und jeden Stein umdrehen.“