Ronnenberg.
War der ehemalige Nachtclub Felsenburg an der B 217 ein Bordell oder handelte es sich um eine Zimmervermietung? Um diese Frage ging es heute Vormittag im Amtsgericht Hannover. Für die Antwort interessiert sich das zuständige Finanzamt. Während bei einer Zimmervermietung der ermäßigte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent fällig wird, sind die Einnahmen aus einem Bordellbetrieb mit 19 Prozent umsatzsteuerpflichtig. In dem aktuellen Steuerverfahren wird dem ehemaligen Betreiber zur Last gelegt, dass die anfallenden Umsatzsteuerarten nicht sauber getrennt und zu wenig Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt wurde.
Als Zeuge am mittlerweise zweiten Verhandlungstag unter dem Vorsitz von Richter Lars Stanull war der Steuerfahnder geladen, der die Betriebsprüfung und die Bewertung der steuerpflichtigen Umsätze vorgenommen hatte. Der Finanzbeamte erklärte, dass die Prüfungen ergeben hätten, dass es sich bei der Felsenburg um ein Bordell gehandelt habe. In der Print- und Onlinewerbung seien die Leistungen – Getränke, Whirlpool und sexuelle Dienstleistungen der Prostituierten – kombiniert angeboten worden.
Ein weiteres Ergebnis der Prüfung: Die Buchführung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Unter dem Dach der Gesellschaft hätten zwei Betriebsteile gestanden: die Zimmervermietung und das Bordell. Es sei aber nur eine Gesamtkasse geführt worden. Für den Steuerfahnder eine „schwierige Situation“. Die Einnahmen seien deshalb geschätzt worden. Man sei davon ausgegangen, dass pro Tag drei bis vier Prostituierte in der Felsenburg anwesend waren. Jede Prostituierte, so die Annahme, habe mindestens drei Kunden gehabt. Die Umsatzzahlen habe man auf dieser Grundlage anhand der Preisliste ermittelt.
Der ehemalige Betreiber hat eine andere Sicht auf die Dinge. Aus seiner Perspektive wurde alles ordentlich verbucht und an das Finanzamt korrekt abgefĂĽhrt. FĂĽr den noch ausstehenden dritten Verhandlungstag hat sein Verteidiger noch drei Zeugen benannt.
Ein weiterer Experte, der in diesem Verfahren die Finanzbehörde vertritt, machte hingegen dem Verteidiger und seinem Mandanten ein Angebot. Mit Blick auf ein zweites noch ausstehendes Steuerverfahren könnten sich die Beteiligten doch einigen: „Wir müssen das Verfahren doch nicht unnötig in die Länge ziehen“, sagte der Finanzexperte. Der Beschuldigte habe sehr viel Zeit und könne unendlich lange prozessieren, Gerichte, Finanzämter, Behörden etc. beschäftigen. Aber wozu? Das Ganze sei sehr lange her und es ginge auch nicht mehr um Riesensummen. Aus beiden Verfahren sei eine Summe in Höhe von 28.000 Euro "plus x" offen. Man könne doch das aktuelle Verfahren zum Abschluss bringen und das zweite Verfahren einstellen.
Der dritte Verhandlungstag findet am Montag, 30. April, um 9 Uhr im Amtsgericht Hannover statt. Die Sitzung ist öffentlich.