Barsinghausen. In der Ratssitzung am Donnerstagabend (14. Oktober) entschieden die Mitglieder, dass die Stadt das Fachwerkhaus am Thie erwerben soll. Der Kaufpreis beträgt rund 250.000 Euro. Laut Gutachten bedarf es aber umfassender Sanierungen, um das heruntergekommene Gebäude nutzbar zu machen. Die Gesamtkosten werden aktuell auf circa 2,6 Millionen Euro geschätzt. Die Mehrheit, die für den Kauf war, setzte sich aus SPD und Grünen zusammen. Die anderen Parteien kritisierten die Kaufabsichten, da die Stadt in keiner guten finanziellen Lage ist und sich diese Situation wohl auch nicht zeitnah ändere. Auch ein Nutzungskonzept liegt derzeit noch nicht vor. Bürgermeister Henning Schünhof (SPD) stellte in der gleichen Sitzung die schlechte Haushaltslage der Stadt vor und war selbst auch gegen den Ankauf in der jetzigen Situation. .
Am Tag nach der Ratsentscheidung, melden sich nun CDU und Grüne zu Wort. Die CDU kritisiert erneut die Entscheidung, die Grünen sehen hingegen eine einmalige Chance für die Stadt und den Innenstadtcharakter.
Stellungnahme der CDU:
„Ein Millionengrab auf Kosten der Steuerzahler - CDU kritisiert Kaufentscheidungen von SPD und Grünen.
Als verantwortungslos und realitätsfern bezeichnet die CDU Barsinghausen die rot-grüne Entscheidung, das marode Fachwerkhaus am Thie zu kaufen. Nicht ohne Grund habe sich über einen Zeitraum von 20 Jahren kein Investor finden lassen, betonte Fraktionschef Gerald Schroth. Ein derart verfallenes Gebäude zu kaufen und zu sanieren sei ein untragbares finanzielles Risiko, das mit den Stimmen der SPD und der Grünen nun auf die Bürger abgewälzt werde. Besonders absurd ist aus Sicht von Michael Kowalski, Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes, dass nicht nur alle anderen Fraktionen gegen den Kauf durch die Stadt gestimmt haben, sondern auch der Verwaltungschef Henning Schünhof (SPD). Denn dieser habe in derselben Ratssitzung den Haushalt vorgestellt und erläutert, dass bis 2024 ein Defizit von bis zu sieben Millionen Euro zu erwarten sei. Große Projekte wie der Neubau der Wilhelm-Stedler-Schule oder die Sanierung des Schulzentrums würden die Stadt laut Schünhof vor große Herausforderungen stellen. „Trotz dieser prekären Lage wollen SPD und Grüne 250.000 Euro für eine baufällige Ruine ausgeben, für die es noch nicht einmal ein Nutzungskonzept gibt“, so Schroth. Bislang wisse auch niemand, aus welchen Töpfen die geschätzten 2,6 Millionen Euro Sanierungskosten bezahlt werden. Sollte das Gebäude dann tatsächlich in etwa zehn Jahren saniert und noch nicht zusammengefallen sein, müssten bei einer Nutzung durch die Stadt obendrein noch die Folgekosten für Energie, Personal und die laufende Unterhaltung berücksichtigt werden, gibt Michael Kowalski zu bedenken. „Auch die CDU hätte das Gebäude gern erhalten. Aber im Hinblick auf die aktuelle finanzielle Lage hätte die Vernunft siegen müssen. Das Vorhandene zu bewahren (Lehrschwimmbecken und Hallenbad) muss Vorrang vor unkalkulierbaren Zukunftsvisionen haben“, so der CDU-Stadtverbandschef Kowalski.“
Stellungnahme der Grünen:
„Die grüne Ratsfraktion setzt sich für den Erhalt des Fachwerkhauses ein und befürwortet den Kauf des leerstehenden Hauses durch die Stadt.
Seit Jahren verschandelt dieser Leerstand, der mit einem Verfall des mehr als 100 Jahren alten Gebäudes einhergeht, das Zentrum der Stadt. Gerade unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Attraktivierung der Innenstadt bedarf es hier einer dringenden Handlungsoption seitens der Stadt. Die Verkaufsbereitschaft des jetzigen Eigentümers ist eine einmalige Chance, um eine Veränderung in die Wege leiten zu können.
Die unsicheren Zeiten und ein fehlendes ausgearbeitetes Nutzungskonzept sollte den Rat aber nicht daran hindern, dem Kauf zuzustimmen. In der Verwaltungsvorlage werden ja verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, um das durchaus bestehende finanzielle Risiko so gering wie möglich zu halten. Dazu gehört unserer Meinung nach vor allem das Ausschöpfen von Fördermöglichkeiten, die sogar für den Kaufpreis bestehen. Aber auch die Förderung der dringend notwendigen Sicherung des Gebäudes sollte geprüft werden. Das Gebäude muss in einem ersten Schritt durch verschiedene Maßnahmen wie Schwammsanierung und Reparatur undichter Wände und Dächer in seinem dauerhaften Bestand gerettet werden.
Diese Zeit können Rat und Verwaltung nutzen, alle möglichen Optionen eines weiteren Verfahrens zu prüfen. Obwohl die Lage des Gebäudes für öffentliche Nutzung wie z.B. für das Tourismusbüro optimal wäre, könnten angesichts klammer Kassen auch nach einem Investor gesucht werden, der dieses Haus wieder zum Leben erweckt. Ein Gebäude, dessen Sanierung durch Sicherungsmaßnahmen kalkulierbarer geworden ist und für das eine erste mögliche Planung vorliegt, wird eher einen Liebhaber finden als ein vernachlässigtes Haus, in dem der Hausschwamm wächst und ein Bauherr mit unangenehmen Überraschungen rechnen muss.
Aus allen vorgenannten Gründen halten wir daher einen Kauf des Hauses durch die Stadt für eine sinnvolle Strategie im Umgang mit diesem städtebaulich so wichtigen Zeugnis unserer Stadtgeschichte, von dem es nicht mehr viel in Barsinghausen gibt.“