Gehrden. Bürgermeister Malte Losert hat in der letzten Ratssitzung (27. September) den Haushaltsentwurf für 2024 vorgestellt. Gleich zu Beginn betonte der Bürgermeister, dass es kein Doppelhaushalt werde, sondern ein einjähriger Haushaltsentwurf. Die schlechte Finanzlage fordere dies, damit Gehrden handlungsfähig bleibe. Ein Blick auf die kommenden Jahre ist düster..
„Ich glaube keiner im Raum ist überrascht, wenn ich sage, dass der kommende Haushalt erneut defizitär ist“, brachte Bürgermeister Losert den Entwurf im Bürgersaal des Rathauses ein. Gehrden gehe es finanziell nicht besser als seinen Nachbarkommunen. Der Haushalt sei nicht nur für das kommende Jahr defizitär, sondern langfristig gesehen sogar bis 2027. Mit erstaunen musste der Bürgermeister feststellen, dass Gehrden mehr und mehr seine Nettopositionen aufbraucht. Die Nettoposition sei mit Eigenkapital zu vergleichen, erklärte der Bürgermeister, und sollte in der Bilanz stets positiv sein. „2027 wird das nicht mehr der Fall sein. Es ist über die Jahre eine Überschuldung eingetreten.“ Dies muss laut Kommunalverfassungsgesetz angezeigt werden. Die Verschuldung wird 2027 rund 17 Millionen erreichen und der Bürgermeister unterrichtete entsprechend die Kommunalaufsicht. An dieser Situation trage Gehrden aber nicht allein die Schuld.
„Können wir in Zukunft noch selbst gestalten“, fragte der Bürgermeister getreu seinem Wahlkampfmotto „Gestalten statt verwalten, „Die Antwort muss sein: Ja, wir müssen.“ Daran müssten Verwaltung und Politik in den kommenden Haushaltsverhandlungen gemeinsam arbeiten.
Welche Lösungsmöglichkeiten hat Gehrden?
Im Rathaus habe man genau geschaut, wo verwaltungsinterne Einsparungen möglich sind. Nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Pflichtaufgaben und freiwillige Leistungen müssten genau unter die Lupe genommen werden, um Einsparungen auszumachen. 600 Positionen müsste sich der Arbeitskreis Haushaltskonsolidierung anschauen und diskutieren. Die Liquidität von Gehrden sicherzustellen, müsse das Ziel sein. „Aufgaben, die wir nicht erfüllen können, müssen versschoben werden und zur Not auch Standards gesenkt werden“, sagte der Bürgermeister. Sollte die Kommunalaufsicht, oder Aufsichtsbehörden zu der Annahme kommen, dass Gehrden seinen Haushalt nicht alleine steuern kann, werde Gehrden das Steuer aus der Hand genommen, so der Bürgermeister weiter.
Das 30-Jahre alte Rathaus soll saniert werden. Bei der Gelegenheit soll das Verwaltungsgebäude einen Anbau im nordöstlichen Bereich erhalten, um ausgelagerte Abteilungen zurückzuholen. Dadurch soll Arbeitskraft gebündelt werden und Mietausgaben für Büros gesengt werden. Auch die Digitalisierung soll Einsparungen bringen. Fördergelder zur Innenstadtsanierung sollen für die Sanierung genutzt werden.
Bund und Land müssen die Kommunen unterstützen
„Es kann nicht sein, dass den Kommunen immer mehr Aufgaben von Bund und Land aufgebürdet werden, ohne dass diese eine finanzielle Unterstützung beisteuern“, kritisierte Losert. So sei eine Verschuldung vorprogrammiert. Fördergelder könnten das nicht ausgleichen. Wochenlange Recherche, um für Gehrden passende Förderungen zu finden und die Ausarbeitung der Bewerbung dafür, nur um dann nicht berücksichtigt zu werden, sei keine Hilfe. „Die Bedarfszuweisungen an die Kommunen müssen erhöht werden.“
Keine Steuererhöhungen
Gehrden müsse in Zukunft die Ausweitung der Gewerbegebiete und Einnahmen durch Windkraft und Photovoltaik aufgreifen. Welche Einnahmen und Geschäftsmodelle möglich sind, möchte der Bürgermeister in Kürze präsentieren. Steuererhöhungen sieht der Bürgermeister derzeit nicht, da die Bürger durch die Inflation ohnehin stark belastet werden.
Ein einjähriger Haushalt, um das Ruder in der Hand zu behalten
Hohe Baukosten, hohe Inflation, hohe Zinsentwicklung, hohe Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst, die Auswirkungen der letzten Krisen usw. erschweren die Haushaltslage in Gehrden. Bei den rund 38 Millionen an Einnahmen, machten Steuern gut 20 Millionen aus, rechnet Losert vor. Man rechne mit über 5 Millionen Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Allgemeine Umlagen schlagen mit 8 Millionen zu Buche. 2023 lagen die Gesamtaufwendungen bei circa 52,7 Millionen, davon machten allein die Personalkosten 19 Millionen aus. Insgesamt betrachtet, sei im Haushalt 2024 ein Anstieg von rund 5,7 Millionen Euro zu verzeichnen. Für den Anstieg seien vor allem vier Positionen verantwortlich. 1. Die Personalkosten. Es brauche u.a. mehr Kitapersonal und aufgrund der Welle an Wohngeldanträgen benötige die Verwaltung mehr Personal. 2. Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen. Darunter u.a. Gebäudesanierungen und Schwimmbadsanierung und Umzüge und Einrichtung von Kitas. 3. Steigende Abschreibungen. 4. Transferleistungen. Allein die Regionsumlage mit 9 Millionen mache 16 Prozent des Gesamthaushaltes aus.
Im Ergebnishaushalt rechnet die Verwaltung mit einem Defizit von 15 Millionen im Jahr 2024 und fast 20 Millionen im Jahr 2027. Kommende Investitionen muss Gehrden aufgrund der Finanzlage fast ausschließlich über Kredite finanzieren. 2024 sollen rund 33 Millionen in die städtische Infrastruktur investiert werden. Der Neubau der Schule am Castrum, eine neue Drei-Feld-Sporthalle und das Delfibad seien die größten Investitionen in den nächsten Jahren. Auch neue Feuerwehrhäuser sind nötig. „Teils sind es Projekte, die bereits vor Jahren beschlossen wurden und immer noch auf die Umsetzung warten“, so Losert, „Doch die Kostensteigerungen gehen ungehindert weiter.“ Die Zinsentwicklung mache Kredite unwirtschaftlich, jedoch habe Gehrden derzeit keine andere Möglichkeit, um seine Aufgaben zu finanzieren.
Rat und Verwaltung werden sich zeitnah treffen, um in die Haushaltsverhandlungen zu gehen. „Unser Ziel muss es sein, den Haushalt im Dezember zu verabschieden. Lassen Sie uns gemeinsam den Haushalt in eine stabile Richtung bringen, um 2024 unsere Handlungsfähigkeit zu erhalten“, schloss Bürgermeister Losert die Vorstellung des Entwurfs ab. Er dankte seinen Mitarbeitern, die an der Ausarbeitung des umfangreichen Haushalts mitgearbeitet haben.