Springe. Bürgermeister Christian Springfeld hat in der letzten Ratssitzung (12. Oktober) den Haushaltsentwurf eingebracht. Genau wie vielen anderen Kommunen steht auch Springe finanziell das Wasser bis zum Hals. Laut Springfeld sieht es fast noch schlimmer aus..
„Seit 2017 ist es uns gemeinsam gelungen entweder bereits im Plan mindestens aber in der Ausführung einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen“, erklärte Bürgermeister Springfeld bei der Einbringung seines 8, Haushaltsentwurfs, „Zuletzt gelang der Haushaltsausgleich nur mit schmerzhaften Steuererhöhungen, aber das Wasser stand uns finanziell bis zum Hals. Das ist jetzt anders. Das Wasser steht uns nicht mehr bis zum Hals. Wir sind bereits untergegangen. Die spannende Frage ist jetzt: Wie lange können wir unter Wasser die Luft anhalten? Wie lange können wir defizitär arbeiten und die fehlenden Mittel mit Krediten überbrücken.“
Im Haushaltsentwurf für 2024 fehlen 11,6 Millionen Euro. 77,1 Millionen Euro Ausgaben stehen 65,5 Millionen Euro Einnahmen gegenüber. Moderat sinkende Einnahmen treffen auf extrem gestiegene Ausgaben. Im Vergleich zum Vorjahresansatz stiegen beispielsweise die Personalkosten um 1,8 Millionen Euro, die Sachkosten um 3,4 Millionen Euro, und die Transferaufwendungen stiegen um knapp 3 Millionen Euro – darunter auch die um eine Million auf 16,5 Millionen Euro gestiegene Regionsumlage und die um 1,3 Millionen auf 9 Millionen Euro gestiegenen Zuschussbedarfe für die Kindertagesstätten in Springe.
„Rund 15 % unserer Ausgaben sind damit durch Einnahmen nicht gedeckt – wir müssten also „lediglich“ 15 Prozent sparen und schon wäre alles gut“, so der Bürgermeister, „Wenn das so einfach wäre.“ Im Zuge der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs habe die Verwaltung jede einzelne Position akribisch auf Notwendigkeit und Machbarkeit abgeklopft und so das Defizit bereits auf das absolut notwendige beschränkt. „Wir haben in sehr schmerzhaften und arbeitsintensiven Gesprächen mit den einzelnen Fachdiensten bereits rund 6 Millionen Euro erbarmungslos gestrichen, die im Einzelnen durchaus gut begründbar - aber eben nicht existenziell notwendig - waren.“
In diesem Haushaltsentwurf ist Springe am Ende des Zumutbaren angekommen, so der Bürgermeister. Keine Kitas zu bauen und zu betreiben, nicht in die Schulgebäude oder Feuerwehrhäuser zu investieren, Straßen und Wege noch weiter verfallen zu lassen, sämtliche Schwimmbäder zu schließen, Mitarbeitende ohne Aussicht auf Besserung in historischen Gemäuern einzupferchen könne nicht Perspektive für Springe sein. „Zumindest ist das nicht meine Perspektive und so verantworte ich in der Not lieber eine weitere Verschuldung – auch wenn es mir schwer fällt – als am Ende den schleichenden Niedergang unserer Stadt.“
Die chronische Unterfinanzierung der kommunalen Ebene, also aller Städte und Gemeinden im Land ist laut Springfeld nicht hausgemacht. Sämtliche übergeordneten staatlichen Ebenen gäben Aufgaben an die Kommunen ab, ohne diese finanziell entsprechend zu unterstützen. Gleiches kritisieren auch Bürgermeisterkollegen aus anderen Kommunen in der Region. „Gerade wenn sich zuletzt mit dem Niedersächsischen Städtetag, dem Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund und dem Niedersächsischen Landkreistag sämtliche niedersächsischen Kommunen einstimmig mit einem „Brandbrief“ positionieren, dann ist das keine Kleinigkeit, dann ist das ein markerschütternder Hilferuf sämtlicher Niedersächsischer Landkreise, Städte und Gemeinden, den auch ich zu 100 % unterstütze“, so der Springer Bürgermeister.
Alleine auf „Hilfe von oben“ möchte der Bürgermeister sich nicht verlassen. „Daher arbeite ich angesichts dieser bisher nie da gewesenen, bedrohlichen Entwicklung mit meinen Fachleuten und externer Expertise an einer Finanzstrategie, die aufzeigen soll, wie wir trotz dieser historisch schlechten Ausgangslage insbesondere auch die Bauprojekte angehen können, die bisher noch gar nicht konkret in Planung sind. Mein Ziel ist, transparent zu machen, wie lange wir quasi die „Luft anhalten können“, wie lange wir also auch ohne auskömmliche Finanzierung von Land und Bund dringend notwendige Investitionen in die kommunale Infrastruktur fortführen können, bevor ich eine weitere Kreditfinanzierung nicht mehr verantworten kann.“
Gleichzeitig möchte der Bürgermeister auf der Einnahmeseite Optionen wie eine „Bettensteuer“ oder auch eine „Verpackungssteuer“ prüfen lassen. Insbesondere eine Bettensteuer scheint nach ersten überschlägigen Betrachtungen – nach Abzug der Kosten – ein Potential von bis zu 500.000 Euro an jährlichen Erträgen zu bieten. Bei der Verpackungssteuer dagegen scheint der Aufwand im Verhältnis zum Ertrag recht hoch, erklärte der Bürgermeister. „Beides wird uns nicht retten, aber wir müssen nach jedem Strohhalm greifen, der sich uns bietet, um zur Not länger „unter Wasser atmen“ zu können.“
In den kommenden Wochen werden Verwaltung und Politik gemeinsam in zahlreichen öffentlichen Sitzungen den Haushaltsplanentwurf diskutieren.
„Mein besonderer Dank gilt wie immer allen, die an diesem 570-seitigen „Gesamtkunstwerk“ mitgewirkt haben und stellvertretend nenne ich diejenigen, bei den alle finanziellen Fäden unseres aktuell 331-köpfigen „Teams Stadtverwaltung“ aus 19 Fachdiensten zusammenlaufen, das sind – jeweils mit offenbar angeborener Zahlenaffinität – Philipp Strohecker und Sebastian Kühn unter der routinierten Leitung von Christian Wetzig und Clemens Gebauer – herzlichen Dank für die leidenschaftliche Abarbeitung dieses alljährlichen Mammutprojektes“; beendete Bürgermeister Christian Springfeld die Einbringung des Haushaltsentwurfs.