Barsinghausen.
Im Zechensaal in Barsinghausen fand die von ´Unser Barsinghausen` organisierte Podiumsdiskussion der Bürgermeisterkandidaten statt. Alle Kandidaten waren anwesend und machten ihre Standpunkte deutlich.
Die Themenbereiche Wirtschaftsstandort Barsinghausen, Zukunft der Ortsteile und Spielräume eines Bürgermeisters waren die Themenbereiche. Zwischendurch gab es kurze Ja oder Nein Fragerunden. Moderiert wurde die Veranstaltung von ´Unser Barsinghausen` Vorsitzendem Hendrik Mordfeld. Auf der Bühne des Zechensaals saßen Henning Schünhof, SPD, Wolfgang Pardey, parteilos, Alfons Holtgreve, Freie Wähler UWG, Nadin Quest, Grüne und Roland Zieseniß, CDU.
Hendrik Mordfeld begann mit dem Themenblock Wirtschaftsstandort Barsinghausen. Mit 470 Punkten sei die Gewerbesteuer eine der höchsten in Niedersachsen. Außerdem möchte Mordfeld wissen, was die Kandidaten für die Wirtschaft in Barsinghausen tun wollen. Die Kandidaten beantworten die Fragen in abwechselnder Reihenfolge.
Diesmal beginnt Pardey. Er findet, dass Barsinghausen das Geld benötigt und die Höhe angemessen ist. Der Haushalt sei zuletzt ausgeglichen gewesen, doch durch Corona hätte sich schon ein Defizit von fünf Millionen ergeben. Daher sei jetzt auch der falsche Zeitpunkt für eine Senkung, auch wenn die Gewerbesteuer sehr hoch sei. Etwas aufzubauen gehe nur im Team, das merke er bei seinem amerikanischen Arbeitgeber, die könnten Teamarbeit. Verwaltung und Politik müssten da zusammenarbeiten. Daher sei es auch wichtig, dass die Stelle des Wirtschaftsförderers schnell besetzt werde.
Holtgreve: Es müssten schöne Geschäfte nach Barsinghausen geholt werden. Oft höre er, dass es woanders mehr gäbe. Auch der Leerstand innerhalb der Innenstadt müsste beseitigt werden. Er meint das City-Center und das Fachwerkhaus am Thie. Für das City-Center hat Holtgreve die Idee, dass dort ein Factory-Outlet entstehen könnte. In der leerstehenden BBM- Halle könnte auch ein Kinder-Tobeland einziehen. Aber bei großen Projekten müssten immer auch die Bürger gehört werden, die Anwohner. Nur wenn große Anliegen kommuniziert werden, könnten sie auch akzeptiert werden. Dafür bedarf es einer guten Verwaltung, diese möchte Holtgreve als Bürgermeister stärker motivieren. Zur Gewerbesteuer sagt Holtgreve: „Lieber in diesem Jahr weniger und im nächsten auch noch was haben, als in diesem Jahr alles fordern und im nächsten nichts mehr haben.“
Quest: Wir brauchen leistungsfähige Betriebe, die hier Steuern zahlen. Daher sei es gut, dass nun endlich die Stelle des Wirtschaftsförderers ausgeschrieben wurde. Barsinghausen hat eine gute Position. Die A2, Flughafen und Bahnverkehr in der Nähe. Aber, wo stehen wir in 10, 20, 30 Jahren? Brauchen Standortanalyse. Weiche Ziele abstecken, wie ist das Freizeitangebot hier, Schulwesen. Wenn wir neue Konzepte, wie Coworking-Stations und ein Innovationsquartier nach Barsinghausen holten, würden alle Bereiche davon profitieren. Die Gewerbesteuer sei sehr hoch, doch die wird nicht vom Bürgermeister festgesetzt, sondern durch eine Entscheidung im Rat.
Zieseniß: Wirtschaft bringt Arbeit, Arbeit bringt den Menschen Geld. Es müssten örtliche Betriebe, auch in Innenstadt, gefördert werden, aber auch zukunftsorientierte Betriebe angesiedelt werden. Auch Zieseniß sieht den Wirtschaftsförderer als unausweichlich an. Er sieht die Innenstadt nicht in dem schlechten Zustand, wie immer alle sagen. Er wünscht sich für die Fläche am Volkers Hof aber einen guten Frequenzbringer, wie ein Shoppingcenter, welches dann weitere Menschen in die Innenstadt lockt. Die Gewerbesteuer könnten wir aktuell nicht senken, dafür sei die finanzielle Lage der Stadt wegen Corona zu ungewiss.
Schünhof: Corona hätte uns gezeigt, wie wichtig eine gesunde Wirtschaft ist, so Schünhof. Es sei leichter die ansässigen Firmen zu halten, als neue anzulocken. Die ansässigen sollten also bestmöglich gestärkt werden. Dazu sollte auch der Wirtschaftsrat gestärkt werden und sich öfter treffen und mit mehr Themen bekräftigt werden. Zusammen mit der Region sollte dann neues Gewerbe geholt werden. Auch der Wirtschaftsförderer sei dafür überaus wichtig. Dieser sollte die Präsenz von Barsinghausen, gerade auch online, stark aufwerten. Zur Gewerbesteuer sagt Schünhof: „Perspektivisch ist eine Senkung nicht abzusehen. Wir kommen, dank der Kompensationen von Bund und Land, durch das Jahr 2020, aber es ist unseriös jetzt eine Senkung zu fordern.“
Von den Zuschauern kommt die Frage, wie es am Volkers Hof mit Parkplätzen aussehen soll, wenn dort auch noch gebaut wird.
Zieseniß: Dort müsste eine Tiefgarage entstehen. Es wären vielleicht auch noch Plätze frei, nachdem die Bert-Brecht-Schule an neuem Standort sei.
Quest: Parkplätze müssen bei großen Projekten immer mitgedacht werden, aber muss es immer das Auto sein? Der ÖPNV sollte gestärkt werden, auch für die Ortsteile, damit es Spaß macht mit Bus, oder Fahrrad, nach Barsinghausen zu kommen.
Holtgreve: Am Volkers Hof sollte ein Supermarkt angesiedelt werden, verbunden mit Parkhaus.
Pardey: „Ich empfehle den Stadtspaziergang mit dem Bürgermeister. Dort soll ein Vollsortimenter entstehen. Nicht alles wird bebaut werden.“
Schünhof: Volkers Hof braucht den Supermarkt mit Parkplätzen. Doch Schünhof möchte es ganzheitlich sehen. Auch der Stadtbus sollte gestärkt werden und Barsinghausen sollte weiter an einer Rufbus-Lösung arbeiten. Außerdem bedarf es einer Sanierung der Radwege.
Weitere Frage: Wie kann Wirtschaft nachhaltiger gestaltet werden?
Schünhof: Die Ansiedlung von Gewerbe aus diesen Bereichen. Es sei schade, dass VW-Nutzfahrzeuge nach Bad Nenndorf gegangen ist. Dort wird viel mit E-Mobilität passieren. Aber auch die Stadt sollte ein Förderprogramm für Solaranlagen auflegen, oder auch ein Solarkataster erstellen. Klimaschutz wird ein Mix aus vielen kleinen Lösungen werden.
Pardey: Klima- und Umweltschutz kann laut Pardey nur gelingen, wenn Energie und Ressourcen eingespart werden. Das muss durch E-Mobilität geschehen. Auch jeder öffentliche Bau sollte mit neuester Isoliertechnik und Photovoltaikanlagen geplant werden.
Holtgreve: Die Stadt sollte dort Position beziehen. Holtgreve ist kein Fan von Windkraft, er sieht die Zukunft bei Photovoltaik, Wärmepumpen und Geothermie. Dies sollte zusammen mit dem Wirtschaftsförderer verbunden werden, um bestimmte Industriebranchen anzuziehen.
Quest: Sie möchte es ganzheitlich betrachten. Baustandards sollten vorgegeben werden, um von Anfang an klimaschonend zu bauen. Nur so kann das Ziel für 2050 klimaneutral zu werden erreicht werden.
Zieseniß: Es sei eine Gesamt Gesellschaftliche Frage, die nicht allein in Barsinghausen gelöst werden kann. Wenn man das will, muss der Bund es fördern. Wenn es wirtschaftlich ist, machen die Menschen es auch. Barsinghausen hat schon eine kleine Biogasanlage und in Groß Munzel stehe die größte Flächen-Photovoltaik-Anlage in der Region. „Die Stadt Barsinghausen braucht ein Gesamtkonzept bei diesem Thema, um sich nicht wie jetzt bei kleinen Projekten zu verzetteln.“
Letzte Frage zum Thema Wirtschaft: Die Bebauung von wertvollem Ackerboden.
Zieseniß: Es werde noch mehr Gewerbe nötig sein, um auch in Zukunft Geld für Schule, Kitas und Straßensanierungen zu haben. All das ist sehr teuer. Doch, es sollten zuerst alte Industriebrachen genutzt werden, bei der Ansiedlung von neuem Gewerbe. Die Stadt könnte durch die Kostenübernahme beim Abriss alter Gebäude Anreize für Investoren schaffen.
Quest: „Wir sollten nicht alles zubauen.“ Zuerst sollte eine Verdichtung zur Flächennutzung erfolgen.
Holtgreve: Er möchte bei großen Projekten die Menschen mit ins Boot holen. Zuletzt seien die Bürger bei großen Projekten nicht mehr gefragt worden.
Pardey: Auch er möchte Lücken schließen, bei der Ansiedlung von neuem Gewerbe. Aber es werde noch mehr gebaut werden müssen. Wir brauchen noch mehr Industrie, um besser leben zu können.
Schünhof: „Ja es ist ein Dilemma, für das grüne Herz in uns und der Notwendigkeit Geld einzunehmen.“ Es werde zu Fallentscheidungen kommen, wer sich wo ansiedeln kann. Die Ausgaben der Stadt steigen stetig, so Schünhof, wenn die Gewerbesteuer nicht weiter steigen soll, dann bedarf es mehr Gewerbe.
2. Themenblock: Wie sollen die Ortsteile, inklusive Ortswehren und Vereine, gefördert werden. Was soll gebaut werden?
Holtgreve: Zuerst sollten die bereits geschlossenen Ratsbeschlüsse abgearbeitet werden. Auch die Eigenkapitalzuführung für die Stadtwerke gehörten dazu. Auch die Straßenausbaubeiträge seien nur pausiert und nicht abgeschafft. Der Bau des Wasserwerks und der Wilhelm-Stedler-Schule müssten endlich starten. Besonders wichtig sei es, das Ehrenamt in den Ortsteilen zu fördern.
Quest: Generell sollten Dauerprojekte wie, Schulbau, Radwegesanierung, Kitaplätze usw. müssten dringend erfolgreich beendet werden. Die Menschen vor Ort in den Ortsteilen seien die Experten, denen muss man zuhören, was die Ortsteile brauchen. Während Corona hatten die Vereine schon viele kreative Ideen. Bürger jeden Alters sollten mitgenommen werden, dann finden sich Lösungen für die Ortsteile. Auch ein Jugendparlament sollte entstehen und Seniorenverbände mit einbezogen werden.
Zieseniß: Eine stabile Wirtschaft sei in Zukunft wichtig. Auch moderne Wohnraumkonzepte sollten Menschen, die in den Ortsteilen wohnen möchten, dies ermöglichen. „Vielleicht macht für die Stadt Barsinghausen auch ein eigenes Wohnungsbauunternehmen, wie in Wunstorf Sinn.“ Zieseniß möchte altersgerechtes Wohnen, aber auch bezahlbaren Wohnraum. Nahversorger in den Ortsteilen würden viel zur Lebensqualität beitragen. Wichtig sei auch der Ausbau des ÖPNV und der Kinderbetreuung.
Schünhof: Prognosen in die Zukunft können nur sehr vage formuliert werden. Allein wegen Corona, wer hätte das vor einem Jahr gedacht, so Schünhof. Er wünscht sich für die Zukunft mehr Nachhaltigkeit und mehr E-Mobilität. Das seien aber eher globale Entscheidungen. Direkt vor Ort bestimmen könnten wir die Aufstellung vernünftiger Kitas und Schulen und die Digitalisierung. Außerdem sieht Schünhof es in Zukunft für notwendig, ein Verkehrskonzept aufzustellen, um die Ortschaften zu verbinden. Besonders wertvoll für die Ortsteile sei das Ehrenamt in vorm von Feuerwehr und Vereinen. In den Ortsteilen sollten nur kleine Baugebiete entstehen, um den Charakter zu bewahren.
Pardey: Er würde in 20 Jahren gerne mit seinen Enkeln am Volkers Hof einen Kaffee trinken gehen. Außerdem kann er sich einen kostenlosen ÖPNV vorstellen, um auch Verkehr aus der Stadt hinaus zu bekommen. Aus eigener Erfahrung kann er jedem Ortsteil nur ein Dorfgemeinschaftshaus empfehlen, dieses sei sehr positiv für die Gemeinschaft. Auch Ärzte sollten in den Ortsteilen anzufinden sein, aber auch die Jugend sollte durch gezielte Jugendarbeit mit einbezogen werden.
Es kommt eine Frage zur Verkehrssicherheit aus dem Publikum:
Zieseniß: Dies sei ein großes Thema, gerade in den Ortsteilen. Hier steuert auch die Region Hannover mit einem Tempo 30 Programm gegen. Dies sollte genutzt werden, um die Ortsteile zu unterstützen. Allerdings sei die Region bei neuen Bauprojekten schon sehr darauf bedacht, dass die Verkehrssicherheit gegeben sei.
Quest: „Sicherheit beginnt bereits bei der Planung“, so Quest. Aber auch einfache Messtafeln hätten schon viel Einfluss auf die Geschwindigkeit. Jedoch sei Straßenbau sehr komplex. Stets sei es die Frage, ist es die Straße der Stadt, oder vom Land?
Holtgreve: Er möchte Querungshilfen als bauliche Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung. Auch Schilder, oder das erlaubte Parken am Fahrbahnrand kann entschleunigend wirken, so Holtgreve.
Pardey: Er kann sich als Alternative auch eine grüne Ortseinfahrt vorstellen. Dadurch würde eine Art Tunnel entstehen, was die Fahrer dazu bewegten würde, langsamer zu fahren.
Schünhof: Laut seiner Aussage hatte er selbst eine Messtafel vor seinem Haus und kann die positive Wirkung nur bestätigen. Auch habe die SPD sich schon länger dafür eingesetzt. Auch Querungshilfen und die Tempo 30 Aktion der Region seien Werkzeuge der Verkehrssicherheit. Die SPD habe in einem Antrag schon Straßen für das Tempo 30 Projekt zusammengestellt.
3. Themenblock: Welchen Spielraum hat ein Bürgermeister, wenn er keine Ratsmehrheit, wenig Geld und Personalmangel im Rathaus hat?
Quest: Dies sei eine Herausforderung. Eine Mehrheit müsste überzeugt werden. Dazu bedarf es einem stetigen Kontakt zur Politik. Auch sollten sich die Parteien Fragen, ob ein Blockieren immer Sinn mache. Das Personal muss beschafft werden, vielleicht dadurch das die Stadt auch mehr Geld für Personal in die Hand nimmt. Unabdingbar für die Finanzlage sei ein gutes Wirtschaften.
Zieseniß: Seiner Vorstellung nach sollten Rat und Bürgermeister Partner sein, in der Arbeit für die Bürger. „Ich halte stets mein Wort, dass habe ich in all den Jahren im Rat stets getan“, verspricht Zieseniß. Der Bürgermeister sollte parteipolitisch neutral sein. Bei der Personalbeschaffung sei auch eine gute Stimmung innerhalb des Rathauses wichtig. Als Betriebswirt sieht sich Zieseniß fähig Kapazitäten freizuschaufeln, um die Arbeit zu optimieren. Personalgewinnung sollte durch Duale- Studiengänge schon durch Ausbildung beginnen. Zum Thema Finanzen findet Zieseniß, dass die Stadt sich trotz wenig Geld nicht kaputtsparen darf. Weitere Investitionen seien wichtig.
Schünhof: Der Bürgermeister setzt schlicht die Beschlüsse des Rates um, erklärt Schünhof, aber das sei kein Hindernis, um selbst Ideen einzubringen. Ein Bürgermeister sollte neutral und moderierend sein. Beruflich kennt er es, dass auch wenig Personal viel schaffen kann, wenn richtig geplant wird. Mit kleinen Schritten könne bestmöglich ein Ziel erreicht werden. Das vorhandene Personal sollte durch Entscheidungsfreiheit im Fachbereich motiviert werden. Für die Finanzen seien Steuerzahler wichtig. Doch auch Einsparpotentiale sollten in schlechten Zeiten genutzt werden. Diese könnten in besseren finanziellen Zeiten dann wieder rückgängig gemacht werden.
Pardey: Er findet gut, dass der Bürgermeister neutral sein sollte. Er als parteiloser könnte es am besten umsetzen. Eine Mehrheit im Rat müsste durch Überzeugungsarbeit geholt werden. Rat und Bürgermeister arbeiten schließlich gemeinsam zum Wohle der Bürger.
Holtgreve: Er möchte gerne ganz weg vom parteidenken. Diese Streitigkeiten bremsten alles aus. Es bedarf einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Die Stadt muss als Arbeitgeber attraktiver werden. Dies möchte Holtgreve durch Entscheidungsfreiheiten im Kompetenzbereich erreichen. Die finanzielle Lage der Stadt möchte Holtgreve durch das Ehrenamt kompensieren. „Das ist sicherlich nicht eins zu eins möglich, aber im Ehrenamt steckt viel Potential.“
Zum Ende der Diskussionsrunde durften die Kandidaten noch einmal ein Abschlusswort abgeben. Darin bekräftigten sie noch einmal ihre Positionen und Wahlversprechen.