Hannover/Barsinghausen. Am heutigen Dienstag, 24. Oktober, nutzte der Angeklagte Daniel G. die Gelegenheit, um durch seinen Anwalt eine Stellungnahme abzugeben. Entgegen der Anklage will nicht er den 4-jährigen Fabian im Januar in Barsinghausen getötet haben, vielmehr belastet er die Mutter – sie soll mit einer Vodka-Flasche zugeschlagen haben.
20 Seiten umfasste die Einlassung von Daniel G., die durch seinen Anwalt Timo Rahn verlesen wurde. Stück für Stück nahm er Bezug auf die Anklagepunkte. „Ich bin selbst erschüttert vom Tod von Fabian und wir hätten uns viel früher Hilfe suchen müssen“, so G. zu Beginn der Einlassung, „Doch ich habe ihn nicht getötet und ihn nicht sexuell missbraucht.“ Vielmehr beschuldigt Daniel G. nun Mutter Małgorzata W.
„Ich bin selbst erschrocken“
Bislang hatte G. im Prozess geschwiegen, da ihm aber seiner Meinung nach durch Małgorzata W. die alleinige Schuld zugeschoben werde und auch die Anklage nur ihn als Schuldigen am Tod von Fabian sieht, wolle er nun die Wahrheit sagen. Dass er den 4-Jährigen mit einem Fleischklopfer geschlagen habe, sei schlicht gelogen. G. beschreibt Małgorzata W. als seine große Liebe. Sie soll ihm gesagt haben, dass Fabian das Ergebnis einer Vergewaltigung durch dessen Vater sei. Der Junge sei stark verhaltensauffällig gewesen und kaum zu bändigen. Die Bestrafungen, die beide durchführten, seien irgendwann aus dem Ruder gelaufen. Zu spät sei die Einsicht gekommen, man gehe zu weit. „Ich bin selbst erschrocken, was wir beide getan haben“, so G. in der Einlassung. Durch seinen erhöhten Alkoholkonsum sei er noch schneller durch den Jungen gereizt gewesen, als es normalerweise der Fall gewesen wäre.
Drakonische Strafen sollten der Erziehung dienen
Doch Fabian soll seinen Kopf selbst gegen Möbel geschlagen haben, um seinen Willen durchzusetzen. Den Treppensturz, der als Grund für die Verletzungen gegenüber den Notärzten am Todestag genannt wurde, soll es wirklich gegeben haben. Die Bestrafungen, wie z.B. das Einsperren in der Abstellkammer, hätten beide als Erziehungsmaßnahme angedacht, um den „lebhaften“ Jungen zu bändigen. Geschlagen habe G. den 4-Jährigen nur mit der flachen Hand. Mutter Małgorzata W. hätte hingegen Gürtel, Ladekabel und auch Vodka-Flaschen benutzt. Essen sei dem Jungen zeitweise verweigert worden, da dieser sich nach der Essensaufnahme zeitnah einmachte, auch bei Besuchen bei Freunden. „Dies wäre uns unangenehm gewesen und wollten wir daher verhindern.“ Aufgrund des hysterischen Verhaltens des Jungen habe die Mutter ihm sowohl in der Wohnung als auch in der Gartenlaube Knebel in den Mund gesteckt, um ihn ruhig zu stellen. Von einem Kieferbruch bei Fabian will G. nichts gewusst haben.
Gewalt soll von der Mutter ausgegangen sein
Auch das der Junge bei den Bestrafungen keine Kleidung getragen habe sei richtig, so G. Dies sei keine zusätzliche Strafe gewesen, sondern da der Junge sich regelmäßig einmachte - laut den Eltern gerne absichtlich – um nicht die Kleidung zu verschmutzen. Vieles sei aber nicht von ihm, sondern der Mutter ausgegangen. So habe W. Fabian verboten etwas zu essen. Habe G. Mitleid mit dem Jungen gehabt und ihm etwas gegeben, habe dieser dies verraten und es habe Streit zwischen ihm und W. gegeben. W. soll G. auch berichtet haben, wie sie den Jungen in seiner Abwesenheit mit einem Hammer geschlagen habe. Als der Junge nackt im Haus spielte und sich selbst im Intimbereich verletzte, soll W. gesagt haben, dass dies gut sei, damit der Junge nicht wie sein Vater werde. G. habe den Jungen dann verarztet. Auch das der Junge Angst vor Messern habe und diese deshalb gut wären, um ihn kurzzeitig ruhigzustellen, habe er von W. erfahren und sei zum Einsatz ermutigt worden. G. will sich laut seiner Einlassung für sein Fehlverhalten verantworten. Ein Mörder, oder ein Vergewaltiger, sei er jedoch nicht.
Nicht der Angeklagte mit dem Hammer, sondern die Mutter mit der Vodka-Flasche
Das er den Jungen mit einem Fleischklopfer am Tag vor dessen Tod geschlagen haben soll sei gelogen. Vielmehr habe die Mutter etwa eine Woche vor dem Tod von Fabian den Jungen mit einer leeren Vodka-Flasche geschlagen. Die Mutter sei an diesem Tag schon morgens wegen Fabian gereizt gewesen. Sie wollte ihn loswerden und irgendwo aussetzen. G. habe darum gebeten, dem Jungen noch eine Chance zu geben. Später habe er eine Flasche Vodka getrunken, mit dieser habe Małgorzata W. dann mehrmals so heftig auf den Kopf des Jungen eingeschlagen, bis diese zerbrach. Dabei soll der Junge auch die diversen Schnittverletzungen erlitten haben. „Danach hat der Junge extrem abgebaut und musste sogar getragen werden. Er hat dann auch schnell stark abgenommen.“
Am Morgen des 13. Januar habe er dann den Notruf gerufen, obwohl W. erst dagegen war – da die Kinder nicht in Deutschland versichert seien. Den Einsatzkräften nannte G. dann nur den Treppensturz als Grund für die Verletzungen, um W. zu beschützen – zumindest bis jetzt. Es soll auch Videos geben, in denen Małgorzata W. Fabian bis zur Bewusstlosigkeit würge, oder mit einem Hammer drohe. „Es ist komisch, dass die Ermittler diese nicht gefunden haben. Wenn sie gelöscht wurden, müssten die doch wieder herzustellen sein.“
Gewalt im Gefängnis
Abschließend bedauerte G. noch einmal den Tod des Jungen. Er kritisierte aber auch, dass Zeugen, die ihn nicht kennen, nun gegen ihn aussagten. Dass vergangenes Fehlverhalten und Aussagen von Ex-Frauen aus seiner Vergangenheit ihn nun vorverurteilten und so automatisch zum Mörder machen sollen, kritisierte er ebenfalls. Außerdem sei er im Gefängnis nicht sicher. Er werde von Mithäftlingen regelmäßig angegriffen. Er müsse stets eingeschlossen bleiben, um sicher zu sein.
Der Anwalt von Małgorzata W., Matthias Waldraff, kündigte bereits an, dass seine Mandantin auf diese Schulzuweisungen reagieren werde.
Daniel G. und der Kindsmutter Malgorzata W. wird Mord bzw. Mord durch Unterlassen in Tateinheit mit schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen und Freiheitsberaubung vorgeworfen. Dem Angeklagten G. wird zudem schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes zur Last gelegt. Fabian starb am 13. Januar an den schweren Verletzungen allein in seinem Bett – nur wenige Tage vor seinem fünften Geburtstag.