Hannover/Barsinghausen. Das Urteil im Fall um den ermordeten vierjährigen Fabian aus Barsinghausen ist am heutigen Montag, 11. Dezember, gefallen. Die beiden Angeklagten, Mutter Małgorzata W. und ihr Lebensgefährte Daniel G., erwartet eine lebenslange Haftstrafe. Das Gericht stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. Die Verteidigung kündigte kurz nach dem Prozess an in Revision gehen zu wollen. Richterin Simon tat sich schwer damit, den Verurteilten Glück für die Zukunft zu wünschen..
Dass die beiden Angeklagten nach den schrecklichen Misshandlungen von Fabian harte Strafen erwarten würden, war abzusehen. Timo Rahn forderte in seinem Plädoyer für Daniel G. eine Haftstrafe von nicht mehr als zehn Jahren. Matthias Waldraff für seine Mandantin 12 Jahre, aufgrund der schrecklichen Tatvorwürfe, die beide Angeklagten nicht bestritten. Nur für den Tod von Fabian wollten beide nicht verantwortlich sein und beschuldigten sich gegenseitig.
Richterin Simon erklärte in der Urteilsbegründung, dass die Kammer keine Möglichkeiten für eine Strafminderung ausmachen konnte, wie es bei Mord durch Unterlassen möglich wäre. „Beide wollten und haben Fabian Schmerzen zugefügt und dabei empathielos, egozentrisch und grausam gehandelt“, so die Richterin, „Erst als Fabian kurz vor seinem Tod wie benebelt war, haben die Strafen und Beleidigungen in den Chatverläufen aufgehört. Doch keiner wollte den Jungen zum Arzt bringen, trotz dieser Wesensveränderung. Dies wäre gerade für die Mutter, aber auch für jemanden der ein Kind in seinem Haushalt hat, zumutbar gewesen.“ Nur weil beide keine Probleme wegen der Misshandlungen haben wollte, hätte Fabian nie einen Arzt gesehen.
In der Urteilsfindung stützte die Kammer sich auf das medizinische Gutachten, was die Ursachen der Verletzung klar aufzeigte. In Chatverläufen wurde die Bestrafungen auch klar genannt und G. und W. ermutigten sich gegenseitig weiterzumachen. Morddrohungen und Schimpfworte gegen Fabian waren an der Tagesordnung. Auch den Aussagen von Fabians Schwester glaubte das Gericht. Diese hatte die Gewalttaten gegen ihren Bruder gesehen und selbst Strafen, wie stundenlanges Knien, ertragen müssen. Mal getrennt, mal gemeinsam, mussten die beiden Geschwister Stunden und Nächte stehend in einer Abstellkammer verbringen. Die eigene Mutter zwang die Tochter ihren Kot zu essen. In den Chatverläufen sorgte dies für Belustigung zwischen G. und W.
„Nach einem Urteil wünsche ich den Verurteilten immer viel Glück“, so Richterin Simon, „Das erscheint heute sarkastisch. Ihnen stehen schwere Zeiten bevor. Machen Sie das Beste aus ihrer Situation.“ Die Richterin hoffte zumindest, dass nach dem harten Urteil die öffentlichen Rufe nach Selbstjustiz aufhörten. Eine Sicherungsverwahrung ordnete das Gericht nicht an, da es sich bei beiden Angeklagten um Ersttäter handelt, die zuvor noch nie in Konflikt mit der Justiz kamen. Eine Unbelehrbarkeit könne daher nicht angenommen werden. Man müsse davon ausgehen, so die Kammer, dass die lange Haftstrafe ihre Wirkung zeige.
Verteidigung kündigt Revision an
„Unter menschlichen und ethischen Gesichtspunkten war alles, was das Gericht heute gesagt hat, wahr“, fasst Matthias Waldraff das Urteil zusammen, „Juristisch ist es nicht so einfach.“ Den bedingten Tötungsvorsatz, bei dem W. erkannt haben soll, dass ihr Kind innerlich verblute, müsse sich der Bundesgerichtshof noch einmal anschauen, da sei es laut Waldraff juristisch kompliziert.
Auch für Daniel G.s Anwalt Björn Nordmann war es ein emotionaler Fall, bei dem öffentlich natürlich schnell eine harte Strafe gefordert würde. Juristisch sei es aber komplizierter. Für ihn passt das Ergebnis daher nicht. Rein rechtlich sei es eine Körperverletzung mit Todesfolge mit einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zehn Jahren und eben keine lebenslange Strafe. „So kalt sich das anhört, Daniel G. hat nicht aus Freude gequält, sondern um das Kind zu erziehen. Dabei wurde der völlig falsche Weg eingeschlagen, da sind wir uns einig, jedoch bestand nie die wirkliche Absicht das Kind zu töten. Dies ist aufgrund der Emotionalität in dem Prozess leider untergegangen, weshalb sich dann der BGH noch einmal damit befassen muss.“